Leitsatz (amtlich)

Die Bestellung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger umfasst nicht auch Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren.

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Entscheidung vom 17.01.2008)

AG Suhl (Entscheidung vom 21.09.2007)

 

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 17.01.2008 wird aufgehoben.

Die Beschwerde des Verteidigers des Verurteilten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Suhl vom 21.09.2007 wird verworfen.

 

Gründe

Im vorliegenden Strafverfahren sowie in dem Verfahren 560 Js 16239/06 wurde dem zwischenzeitlich Verurteilten durch Beschlüsse des Amtsgerichts Suhl vom 01.12.2006 bzw. 13.03.2007 Rechtsanwalt D als Pflichtverteidiger beigeordnet. Zudem erfolgte im Beschluss vom 13.03.2007 die Verbindung der genannten Verfahren.

Mit Schriftsatz vom 13.02.2007 beantragte der Geschädigte durch seinen Rechtsanwalt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Adhäsionsverfahren. Mit Schriftsatz vom 21.02.2007 wurde der Antrag zunächst zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 21.03.2007 nochmals gestellt. Bereits am 22.02.2007 nahm der Verteidiger des Verurteilten zum Adhäsionsantrag Stellung. In der Hauptverhandlung vom 28.03.2007 wurde dem Geschädigten Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und ihm wurde sein Rechtsanwalt beigeordnet. Nach Stellung des Adhäsionsantrags schlossen der Verurteilte und der Geschädigte einen Vergleich.

Mit Schriftsatz vom 17.04.2007 beantragt der Verteidiger des Verurteilten

Kostenfestsetzung auf 2.369,20 EUR,

wobei er u.a. die Festsetzung der Verfahrensgebühr für das Adhäsionsverfahren in der ersten Instanz (378,00 EUR zzgl. USt) begehrte. Mit Schriftsatz vom 23.04.2007 beantragte er zudem die Festsetzung einer Einigungsgebühr (189,00 EUR zzgl. USt).

Am 16.07.2007 hat das Amtsgericht Suhl die dem Verteidiger aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 1.907,36 EUR festgesetzt, wobei die beantragte Verfahrensgebühr für das Adhäsionsverfahren und die Einigungsgebühr sowie weitere - hier nicht gegenständliche - Auslagen abgesetzt worden waren.

Mit Schriftsatz vom 12.06.2007 hat der Verteidiger des Verurteilten Erinnerung eingelegt, der das Amtsgericht Suhl mit Beschluss vom 21.09.2007 nicht abgeholfen hat. Gegen diesen dem Verteidiger am 09.10.2007 zugestellten Beschluss hat dieser mit Schriftsatz vom 09.10.2007, eingegangen beim Amtsgericht Suhl am 10.10.2007, Beschwerde eingelegt. Das Landgericht Meiningen hat auf die Beschwerde den Beschluss des Amtsgerichts Suhl vom 21.09.2007 aufgehoben und den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgericht Suhl vom 16.05.2007 dahingehend abgeändert, dass die dem Verteidiger zu zahlende Vergütung auf 2.582,09 EUR festgesetzt wird. Die weitere Beschwerde wurde zugelassen.

Gegen diesen dem Bezirksrevisor beim Landgericht Meiningen am 23 01 2008 zugestellten Beschluss hat dieser mit Verfügung vom 24.01.2008, beim, Landgericht Meiningen eingegangen am 25.01.2008, weitere Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht Meinigen hat mit Verfügung vom 28.01.2008 der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen.

1.

Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG aufgrund der Zulassung durch das Landgericht Meiningen statthaft, gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 Satz 4, Abs. 3 Satz 3 RVG form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig.

2.

Sie hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Verwerfung der Beschwerde des Verteidigers des Verurteilten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Suhl vom 21.09.2007.

Ob die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger auch die Befugnis zur Vertretung bei der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche des Verletzten umfasst und einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse auslöst, ohne dass es einer zusätzlichen Bestellung bedarf, ist umstritten.

Nach einer in Rechtsprechung (OLG Dresden, AGS 2007, 404 f - vorgehend LG Görlitz AGS 2006, 502 f; OLG Köln StraFo 2005, 394 f; OLG Hamm JurBüro 2001, 531 f; OLG Schleswig NStZ 1998, 101 f; OLG Hamburg wistra 2006, 37, 39; LG Berlin StraFo 2004, 400) und Literatur (Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., 2006, § 140 StPO Rdnr. 5; Laufhütte, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Auflage, 2003, § 140 Rdnr. 4; Gerold/Schmidt, RVG, 17. Auflage, VV 4143 Rdnr. 3; Volpert, in; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Seite 256, Rdnr. 42; Burhoff, in: Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4143 VV RVG Rdnr. 9; Hartung, in: Hartung/Römermann, RVG, 2004, VV Teil 4, Rdnr. 167; Kroiß, in: Mayer/Kroiß, RVG, 2. Aufl., 2006, Nrn. 4142 - 4147, Rdnr. 20) vertretener Ansicht gilt die Beiordnung das Pflichtverteidigers nach § 140 StPO - soweit nicht ggf. in der Bestellung Einschränkungen vorgenommen worden sind für das gesamte das Adhäsionsverfahren. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bisher offen gelassen (BGH NJW 2001, 2486, 2487).

Der Senat schließt sich der gegenteiligen Auffassung (OLG Saarbrücken Rpfleger 1999, 506 f; OLG CeIIe, Beschluss v. 06.11.2007 - 2 Ws 143107 zit, n. [...]; OLG Zweibrücken JurBüro 200 643 f; OLG Münche...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?