Leitsatz (amtlich)
Keine formwirksame Begründung der Rechtsbeschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle, wenn der Beschwerdeführer auf der wörtlichen Protokollierung einer von ihm schriftlich vorformulierten Rechtsbeschwerdebegründung besteht.
Normenkette
StVollzG § 118 Abs. 3 Alt. 2
Verfahrensgang
LG Gera (Entscheidung vom 09.04.2010; Aktenzeichen 8 StVK 130/10) |
Tenor
1. Dem Verurteilten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gera vom 09.04.2010 gewährt.
2. Die Rechtsbeschwerde wird verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die den Beteiligten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Gebührenstreitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 1.200,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 09.04.2010 wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gera den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel der Verpflichtung des Antragsgegners zur Verlegung des Antragstellers in eine heimatnahe Justizvollzugsanstalt zurück. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 13.04.2010 zugestellt.
Am 11.05.2010 legte der Antragsteller zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Landgerichts Gera Rechtsbeschwerde ein. Die Niederschrift wurde von Justizobersekretärin B aufgenommen.
Mit Schreiben vom 18.05.2010, das dem Antragsteller am 21.05.2010 zugestellt wurde, wies der Vorsitzende des 1. Strafsenats des Thüringer Oberlandesgerichts darauf hin, dass die Rechtsbeschwerde nicht in zulässiger Form eingelegt und begründet worden sein dürfte, weil gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1a RPflG die Aufnahme von Erklärungen über die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde dem Rechtspfleger übertragen sei, die Rechtsbeschwerde des Antragstellers jedoch nicht von einer Rechtspflegerin, sondern von einer Beamtin des mittleren Dienstes aufgenommen worden sei.
Daraufhin legte der Antragsteller am 28.05.2009 erneut Rechtsbeschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Landgerichts Gera ein, begründete diese und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur formgerechten Einlegung der Rechtsbeschwerde.
Von einer Anhörung des Thüringer Justizministeriums hat der Senat wegen der offensichtlichen Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde abgesehen.
II. 1. Der Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig und begründet.
Der Antragsteller hat die Frist zur formgerechten Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gera vom 09.04.2010 infolge Verschuldens der Justiz versäumt. Denn die Protokollierung der Rechtsbeschwerde vor dem Landgericht Gera am 11.05.2010 erfolgte nicht, wie nach dem Gesetz erforderlich, durch einen Rechtspfleger, sondern durch eine Beamtin des mittleren Justizdienstes.
Dem Antragsteller war deshalb antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
2. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Der Antragsteller hat zwar am 28.05.2010 nunmehr formwirksam Rechtsbeschwerde eingelegt, denn das Protokoll über die Einlegung der Rechtsbeschwerde ist von einer Rechtspflegerin aufgenommen worden. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht formgerecht begründet worden.
Hinsichtlich der Begründung der Rechtsbeschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle werden allgemein strenge Anforderungen gestellt, um zu verhindern, dass die Rechtsbeschwerdegerichte mit der Prüfung grundloser, unverständlicher oder sonst unzulässiger Anträge überhäuft werden (siehe nur Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 10. Aufl., § 118 Rdnr. 8). Hiernach muss der Rechtspfleger, der als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle tätig wird, die ihm vorgetragenen Anträge auf Form und Inhalt prüfen, den Antragsteller belehren, auf Vermeidung offenbar unzulässiger Anträge hinwirken und zulässigen Anträgen einen angemessenen und klaren Ausdruck geben. Die Begründung des Beschwerdeführers darf er nur zugrunde legen, wenn er für deren Inhalt und Form die Verantwortung übernehmen kann. Dieser Verpflichtung wird er nicht gerecht, wenn er als bloße Schreibkraft des Antragstellers oder nur als Briefannahmestelle tätig wird. Deshalb ist eine Rechtsbeschwerde grundsätzlich unzulässig, wenn der Urkundsbeamte sich den Inhalt des Protokolls vom Antragsteller diktieren lässt oder wenn er sich darauf beschränkt, einen Schriftsatz des Antragstellers wörtlich abzuschreiben (Calliess/Müller-Dietz, aaO.).
Im vorliegenden Fall hat die Rechtspflegerin diesen Anforderungen aus Verschulden des Antragsteller nicht genügen können. Ausweislich des letzten Satzes der Niederschrift vom 28.05.2010 bestand der Antragsteller auf der wörtlichen Protokollierung der von ihm mit Schreiben vom 11.05.2010 vorformulierten Rechtsbeschwerdebegründung. Anderenfalls hätte er seine Unterschrift verweigert. Damit hat der Antragsteller sc...