Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit für eine Vollstreckungsgegenklage; Wandelbarkeit des Unterhaltsstatuts. Internationale Zuständigkeit für eine Vollstreckungsgegenklage. Wandelbarkeit des Unterhaltsstatuts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach Art. 22 Nr. 5 EuGVVO sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.

2. Im Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunde waren auf die Unterhaltspflicht des Klägers die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten geltenden Rechts anzuwenden (Art. 18 Abs. 1 S. 1 EGBGB), d.h. deutsches Recht anwendbar, da der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte.

3. Wegen der Hauptanknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten ist das Unterhaltsstatut wandelbar, wenn der Berechtigte seinen Aufenthalt in anderes Land verlegt. Der Unterhaltsanspruch unterliegt ex nunc ab dem Aufenthaltswechsel dem neuen Aufenthaltsrecht (vgl. Art. 4 Abs. 2 HUA).

4. Soweit der Unterhalt aber bereits festgesetzt ist (hier: Errichtung einer Jugendamtsurkunde), kann dem Statuswechsel nur durch ein Abänderungsverfahren Geltung verschafft werden.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 22 Nr. 5; EGBGB Art. 18 Abs. 1 S. 1; HUA Art. 4 Abs. 2; ZPO §§ 767, 323

 

Verfahrensgang

AG Eisenach (Beschluss vom 30.03.2009; Aktenzeichen 5 F 175/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Der Kläger, geboren am in B., Südafrika, britischer und südafrikanischer Staatsbürger ist der Vater des am 2.7.1993 in S./Südafrika geborenen Beklagten, der ebenfalls südafrikanischer Staatsbürger ist. Der Kläger war bis zum 4.6.2007 mit der Mutter des Beklagten verheiratet, die ebenfalls südafrikanische Staatsangehörige ist.

Mit Urteil des AG E. vom 25.5.2007 - 6 F 548/06, wurde die Ehe des Klägers nach südafrikanischem Recht geschieden und das Sorgerecht für P. M., geboren am 2.7.1993, auf den Kläger übertragen (AG E., Az. 6 F 548/06). Durch Beschluss vom 15.4.2008 wurde das Sorgerecht für P. M. auf die Kindesmutter übertragen (AG E., Az. 5 F 188/08).

Mit Urkunde der Stadt E., Jugend- und Schulverwaltungsamt vom 8.5.2008, Urkunden-Register-Nr. 00078/2008 verpflichtete sich der Kläger, "ab dem 1.6.2008 Unterhalt zugunsten des Beklagten i.H.v. 400 EUR beginnend ab dem 1.6.2008 zu leisten, monatlich im voraus zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters zum 3. eines jeden Monats, rückständige Beträge sofort. Das anteilige Kindergeld i.H.v. 77 EUR ist berücksichtigt. Mit den Zahlungen soll zunächst der laufende Unterhalt und dann rückständiger Unterhalt beglichen werden. Wegen der Erfüllung der Verbindlichkeit aus dieser Urkunde unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung" (Bl. 11d A).

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 8.1.2009, eingegangen am 4.2.2009, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG E. vom 23.2.2009 - 6 M 268/09, dem Kläger zugestellt am 5.3.2009, vollstreckt der Beklagte aus der Urkunde vom 8.5.2008 rückständigen und zukünftigen monatlichen Kindesunterhalt.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe den fälligen Unterhalt für die Monate Oktober 2008 und Januar 2009 im Zeitpunkt der Beantragung der Zwangsvollstreckung beglichen und die Monatszahlung für Februar 2009 am 26.2.2009, somit vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 23.2.2009 am 5.3.2009 an den Beklagten i.H.v. 400 EUR geleistet und damit seine Verpflichtungen erfüllt. Die beantragten Vollstreckungsmaßnahmen seien daher im Zeitpunkt der Beantragung unzulässig gewesen.

Mit der Auswanderung nach Australien und der damit verbundenen Visa- Angelegenheit habe die Mutter des Beklagten eine schuldrechtliche vertragliche Vereinbarung verlangt. Er habe in Gegenwart der Mitarbeiterin des Jugendamtes die Urkunde über die Verpflichtung zum Unterhalt (Festbetrag) unterschrieben, wobei ihm die Bedeutung des Inhalts der Zwangsvollstreckungsunterwerfung nicht deutlich gemacht worden sei und er sich damit der Konsequenzen bei Einleitung der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel und der möglichen Kontosperrung mit den sich daraus ergebenden Schulden nicht bewusst gewesen sei.

Der bezifferte Unterhaltsrückstand belaufe sich laut Angaben in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für den Zeitraum Oktober 2008 bis Januar 2009 auf (4 × 400 =) 1600 EUR. Als laufender Unterhalt würden ab dem 1.2.2009 400 EUR geltend gemacht.

Er sei bei Abfassung der Urkunde davon ausgegangen, dass die Mutter diese lediglich zur Erlangung eines Visums für den Sohn P. M. nach Australien verwenden würde. Er habe eine Urkunde erstellen wollen, die für den ...

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