Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung des Versorgungsausgleichs bei kurzer Ehezeit, Besondere Umstände im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 27 VersAusglG
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist zulässig, im Zusammenhang mit weiteren Unbilligkeitsgründen auch die kurze Ehezeit in die Bewertung des Vorliegens einer groben Unbilligkeit mit einzubeziehen.
2. Haben die Eheleute mehr als zwei Jahre zusammen gelebt, ist von einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu sprechen.
3. Eine grobe Unbilligkeit i.S. des § 27 VersAusglG lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass während der Ehezeit beide Ehegatten in ähnli-cher Weise erwerbstätig gewesen sind und demgemäß jeweils eigene Versorgungsanrechte - in unterschiedlicher Höhe - erworben haben.
Normenkette
VersAusglG § 18 Abs. 1-3, § 27; SVG § 55e
Verfahrensgang
AG Heilbad Heiligenstadt (Beschluss vom 26.01.2011; Aktenzeichen 2 F 173/07) |
Tenor
I. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt vom 26.1.2011 wird abgeändert.
1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Beteiligten zu 1) bei der W. S. (PA) zugunsten der Beteiligten zu 2) ein Anrecht i.H.v. monatlich 49,03 EUR, bezogen auf den 30.6.2007, übertragen.
2. Der Ausgleich des Anrechts der Beteiligten zu 2.) bei der D. R. B. (VSNR.:) mit einem Ehezeitanteil von 0,7350 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
III. Der Beschwerdewert wird auf 1.608 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die am 4.9.2004 geschlossene Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) wurde auf den am 20.7.2007 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers durch Urteil des AG - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt vom 27.3.2008 geschieden und die Folgesache Versorgungsausgleich durch Beschluss vom 27.3.2008 vom Verbund gem. § 628 Abs. 4 ZPO abgetrennt. Mit Beschluss vom 28.4.2008 hat das Familiengericht das Versorgungsausgleichsverfahren sodann vorläufig ausgesetzt und mit Verfügung vom 9.12.2009 gem. Art. 111 FGG-ReformG i.V.m. §§ 50 Abs. 1 Ziff. 2, 48 VersAusglG und § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG wieder aufgenommen.
Nach den vom AG eingeholten Auskünften hat der Beteiligte zu 1) nach Auskunft der W. S. vom 8.3.2010 in der Ehezeit vom 1.9.2004 bis 30.6.2007 nichtangleichungsdynamische Anwartschaften aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis i.H.v. monatlich 98,05 EUR erworben, was einem Ausgleichswert von 49,03 EUR mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 10.577,86 EUR entspricht.
Demgegenüber verfügt die Beteiligte zu 2) nach der Auskunft der D. R. B. vom 1.6.2010 in der allgemeinen Rentenversicherung über ehezeitliche 0,7350 Entgeltpunkte (Ost), die einem Ausgleichswert von 0,3675 Entgeltpunkten (Ost) mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 1.855,56 EUR entsprechen.
Die Beteiligte zu 2. hat mit Schriftsatz vom 8.11.2010 die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt, nachdem das AG zuvor mit Verfügung vom 25.10.2010 darauf hingewiesen hat, dass ein Versorgungsausgleich anlässlich der Ehescheidung gem. § 3 Abs. 3 VersAusglG bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren nur stattfindet, wenn ein Ehegatte dies beantragt.
Aufgrund dieser Feststellungen hat das AG den Versorgungsausgleich mit Beschluss vom 26.1.2011, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wie folgt durchgeführt:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der W. S. (PA) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 49,03 EUR monatlich auf dem vorhandenen Versicherungskonto (VSNR.:) bei der D. R. B., bezogen auf den 30.6.2007, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der D. R. B. (VSNR.:) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 0,3675 Entgeltpunkten (Ost) auf ein zu begründendes Konto bei der D. R. B., bezogen auf den 30.6.2007, übertragen.
Gegen die Durchfügung des Versorgungsausgleichs wendet sich die W. S. mit ihrer Beschwerde, mit der gerügt wird, dass das AG den Ausgleich der öffentlich-rechtlichen Versorgungsanwartschaften des Beteiligten zu 1) entgegen § 55e SVG im Wege der externen Teilung vorgenommen habe. Gemäß § 55e SVG i.V.m. § 2 Abs. 1 BVersTG i.V.m. § 10 Abs. 1 VersAusglG werde regelmäßig jede Versorgung innerhalb desjenigen Systems geteilt, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person zum Ende der Ehezeit bestehe.
Der Antragsteller trägt vor, es handele sich um eine kurze Ehezeit. Sollte die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleiches trotz der gegebenen Geringfügigkeit aufrechterhalten, so werde dem Antrag der W. zur internen Teilung des ehezeitlichen Anrechtes zugestimmt. Die Antragsgegnerin müsse sich die aufgrund der kurzen Ehezeit nur geringfügig erworbenen Anrechte bei der D. R. trotz der gegebenen Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 1 Versorgungsausgleichsgesetz zurechnen lassen. Es wäre grob unbillig, die während der kurzen Ehe auf Seiten des Antragstellers begrü...