Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame elterliche Sorge nicht verheirateter Eltern: Rechtsmißbräuchliche Ausübung der alleinigen elterlichen Sorge durch die Kindesmutter
Leitsatz (amtlich)
1. Der nichteheliche Vater kann gegen den Willen der Mutter des Kindes kein gemeinsames Sorgerecht erhalten.
2. Die Errichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1666 BGB kommt in Betracht, wenn die Mutter als allein Sorgeberechtigte das Elternrecht des Vaters nicht angemessen zur Geltung bringt und dadurch das Wohl des Kindes gefährde.
Normenkette
BGB §§ 1626a, 1666, 1630 Abs. 3, §§ 1687, 1680 Abs. 3; FGG § 50 Abs. 2
Verfahrensgang
AG J. (Aktenzeichen 43 F 296/08) |
Tenor
I. Der Antragsgegnerin wird für die Rechtsverfolgung in dem Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin N. in J., bewilligt.
II. Die Antragsgegnerin hat beginnend ab dem 1.9.2009 monatliche Raten i.H.v. 60 EUR an die Landeskasse zu zahlen.
Gründe
I. Die Parteien sind die Eltern des Kindes N.B., geboren 1994. Die Parteien waren nicht miteinander verheiratet. Die Tochter N. und ihr Bruder gingen aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hervor. Eine Sorgeerklärung haben die Parteien nicht abgegeben. Daher übt die Antragsgegnerin die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter alleine aus.
N. hat am 3.5.2008 anlässlich ihrer Jugendweihefeier ggü. dem Vater den dringenden Wunsch geäußert, bei ihm bleiben zu wollen. N. ist am 9.8.2008 nach einem Ferienumgang nicht mehr zur Mutter zurückgekehrt.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 6.8.2008 im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, ihm das Sorgerecht für seine Tochter einstweilen zu übertragen.
Die Parteien haben im Anhörungstermin vom 22.8.2009 im einstweiligen Anordnungsverfahren eine Elternvereinbarung geschlossen. Die Kindesmutter hat den Aufenthalt der Tochter beim Kindesvater bestimmt und ihm eine Vollmacht für die Ausübung der Alltagssorge betreffend Ämter, Behörden, schulische Ausbildung und Gesundheitsfürsorge erteilt.
Der Kindesvater hat sich verpflichtet, die Kindesmutter jede Woche über die schulische Entwicklung oder gesundheitliche Aspekte zu informieren. Der Kontakt zur Kindesmutter soll aufrechterhalten bleiben durch einen einmal monatlichen Besuch bei der Kindesmutter.
Die Vereinbarung soll Gültigkeit haben bis zum nächsten Termin zur mündlichen Verhandlung voraussichtlich im Februar 2009.
Der Antragsteller hat vorgetragen, N. habe ihm mitgeteilt, dass es ernsthafte Verständigungs- und Verständnisprobleme zwischen ihr und der Kindesmutter gegeben habe. N. fühle sich unverstanden. Sie habe das Gefühl, dass die Kindesmutter nicht auf sie und ihre altersentsprechenden Belange eingehe. In der jüngeren Vergangenheit habe es N. besonders gekränkt, dass die Kindesmutter ohne Absprache mit den Kindern N. und ihrem Bruder C., geboren 1992, deren bisher getrennte Zimmer aufgelöst habe. Nach acht Jahren lasse die Kindesmutter die beiden Geschwister (14 und 16 Jahre alt) ein gemeinsames Zimmer bewohnen. Die Kindesmutter habe N. auf ihre Einwendungen angeboten, dann müsse sie sich eben mit der kleinen Schwester (4 Jahre alt) das Zimmer teilen.
Der Antragsteller sei für die Tochter der Ansprechpartner, die Bezugs- und Respektperson für die Kinder, insbesondere für die Tochter. Er sei in der Lage, die Einheitlichkeit, Gleichmäßigkeit und Stabilität der Erziehung am Besten zu gewährleisten. Auch zur Mutter bestehe ein aufgeschlossenes und von Akzeptanz auf beiden Seiten geprägtes Verhältnis.
Die Tochter N. besuche das Gymnasium. Sie versuche, den hohen schulischen Anforderungen, die mit diesem Schulbesuch verbunden seien, gerecht zu werden. Der Besuch sei mit sehr hohem außerschulischen Lernaufwand in Nachmittags- und Abendstunden verbunden, dessen Realisierung auf Grund der Räumlichkeiten durch den Aufenthalt der jüngeren Schwester erheblich erschwert würden. Es komme bereits aufgrund des großen Altersunterschiedes zwischen den Töchtern zu erheblichen Einschänkungen bedingt durch den Tagesrhythmus.
Im seinem Haushalt habe N. ein eigenes Zimmer und den Internetzugang zur Verfügung. Für N. sei angedacht, mit Beginn des neuen Schuljahres das Schillergymnasium in E. zu besuchen. N. habe bereits in Eigenregie die Voraussetzungen für einen Schulwechsel geklärt.
Der Antragsteller werde N. dazu anhalten, regelmäßigen Umgang mit der Kindesmutter zu pflegen.
Der Antragsteller hat beantragt, ihm das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter N.B., geboren 1994, zu übertragen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie hat angeführt, der Antragsteller habe in der Vergangenheit meist nur im 3-wöchigen Rhythmus Umgang mit seinen Kindern N. und C. ausgeführt. Mit der sorgeberechtigten Mutter habe er kaum Kontakt. Er habe die sorgeberechtigte Mutter bei seinen Ausführungen völlig übergangen.
Nach der Antragstellung habe sich die Situation verschärft, indem der Antragsteller fast täglich mit seiner Tochter am Morgen telefoniere, sie ausfrage, was der letzte Tag gebracht habe und ...