Leitsatz (amtlich)
›1. Nach § 33 Abs. 1 ZPO kann bei dem Gericht der Klage eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht. Der Kläger hat eine Klage auf Rückzahlung eines der GbR gewährten Darlehens erhoben. Der Beklagte bestreitet die Vereinbarung eines Darlehens, hat hilfsweise mit bestrittenen Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag aufgerechnet und einen überschießenden Teil dieser Ansprüche allein gegen den Kläger im Wege der Widerklage geltend gemacht. Soweit Zahlungen an die GbR geflossen sind, soll es sich nach seinem Vortrag um die Tilgung von Werklohnforderungen handeln.
2. Ist Streitgegenstand einer Drittwiderklage allein der Anspruch auf Auskunft und Einsicht in Geschäftsunterlagen, der sich aus der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit der ehemaligen Mitgesellschafter ergibt, ist diese Widerklage auch dann unzulässig, wenn das Ergebnis dieser Auskunft dem Beklagten die Verteidigung gegen die Klageforderung erleichtern kann.
3. Literatur und Rechtsprechung lassen eine Drittwiderklage als parteierweiternde Widerklage und als konnexe streitgenössische Drittwiderklage unter den Voraussetzungen der als Klageänderung behandelten Parteierweiterung zu, also mit Einwilligung des Dritten oder bei Sachdienlichkeit der subjektiven Klagehäufung im Sinne des § 263 ZPO. Daneben ist für bestimmte Fallgruppen die isolierte Drittwiderklage eröffnet.
4. Sowohl die streitgenössische als auch die isolierte Drittwiderklage setzt einen Zusammenhang zwischen dem klageweise geltend gemachten Anspruch oder den hiergegen vorgebrachten Verteidigungsmitteln bzw. die Sachdienlichkeit der Prozessverbindung voraus. Umstritten sind die Grenzen der Sachdienlichkeit und die Frage, ob und in welchem Umfang der besondere Gerichtsstand nach § 33 Abs. 1 ZPO auch für die parteierweiternde Widerklage gilt, oder ob bei Abweichungen zwischen dem Gerichtsstand der Klage und dem der Widerklage eine Gerichtsstandbestimmung erfolgen kann.
5. Die Einbeziehung in den Prozess und die Annahme oder Bestimmung eines ihm fremden Gerichtsstandes ist dem Dritten nur zumutbar, wenn der gegen ihn erhobene Anspruch in engem Zusammenhang mit den zwischen den Hauptparteien streitigen Ansprüchen steht oder die Ansprüche auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhen. Hieran fehlt es, wenn durch die Widerklage ein neuer Streitstoff in den Prozess eingeführt würde (z.B. Drittwiderklage gegen Mitgesellschafter auf Vorlage von als Verteidigungsmittel gegen die Darlehensrückzahlungsklage benötigten Dokumenten).‹
Verfahrensgang
LG Meiningen (Aktenzeichen 1 O 601/02) |
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Darlehens.
Der Beklagte war bis 31.12.2000 neben den beiden Drittwiderbeklagten Mitgesellschafter der FBF S. GbR mit Sitz in M. (im Folgenden: GbR). Die Drittwiderbeklagte zu 1) ist die Schwester des Beklagten und die Ehefrau des Klägers. Ihr allgemeiner Gerichtsstand liegt im Bezirk des Landgerichts Darmstadt.
Der Kläger behauptet, er habe der GbR im Jahr 1999 ein verzinsliches Darlehen von 74.540,00 DM gewährt, und macht nun einen Teilbetrag von 10.000,00 DM nebst Zinsen gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte bestreitet den Abschluss eines Darlehensvertrages. Soweit Überweisungen vom gemeinsamen Konto des Klägers und seiner Ehefrau, der Drittwiderbeklagten zu 1), auf das Geschäftskonto der GbR erfolgt seien, stellten diese Zahlungen auf von der GbR an den Kläger gestellte Werklohnrechnungen dar, die er nach seinem Ausscheiden aus der GbR nicht im Einzelnen benennen könne. Im Übrigen berühmt er sich weiterer eigener Zahlungsansprüche gegen den Kläger im Hinblick auf erbrachte Werkleistungen am Haus des Klägers, mit denen er hilfsweise gegen die Klageforderung aufrechnet und im Übrigen Widerklage gegen den Kläger erhoben hat.
Mit Schriftsätzen vom 21.03.2002 und 24.03.2003 hat der Beklagte Drittwiderklage gegen die beiden Gesellschafter der GbR erhoben, deren Anträge er im Termin vom 04.05.2004 zum Teil auch gegen den Kläger erweiterte und hat beantragt,
die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, dem (Drittwider-) Kläger die auf die Fa. FBF S. GbR lautenden Kontoauszüge mit Wertstellung ab dem 19.03.1998 bis zum 16.03.1999 vorzulegen, hilfsweise Einsicht in die vorgenannten Kontoauszüge zu gewähren,
die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, zum Zwecke der Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs des Beklagten gem. § 738 BGB gegen die Fa. FBF S. GbR eine von einem unabhängigen, öffentlich bestellten und vereidigten Buchprüfer oder Bilanzbuchhalter zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz per 31.12.2000 vorzulegen sowie
die Drittwiderbeklagte (gemeint wohl: zu 1)) und den Kläger zu verurteilen, sämtliche von der Fa. FBF S. GbR an den Kläger für erbrachte Dienst- und Werkleistungen gestellten Rechnungen vorzulegen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Drittwiderklage sei zulässig; d...