Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG

 

Leitsatz (amtlich)

Zwar ist allgemein anerkannt, dass nicht jede außergebührenrechtliche Einwendung zur Ablehnung der Vergütungsfestetzung im Verfahren nach § 11 RVG führt. Erforderlich ist, dass mit der Einwendung tatsächliche Umstände dargelegt werden, die auf die Besonderheiten des konkreten Falles bezogen sind und aus denen der materiell-rechtliche Einwand zumindest im Kern ersichtlich wird.

Wenn der Antragsgegner vorträgt, einem Vergleichsschluss nicht zugestimmt zu haben, handelt es sich hierbei nicht um eine gänzlich halt- und substanzlose Einwendung.

 

Normenkette

RVG § 11; ZPO § 104

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Beschluss vom 01.11.2012; Aktenzeichen 3 O 866/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Meiningen vom 1.11.2012 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.347,23 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat den Antragsgegner im Zivilverfahren 3 O 866/11 vor dem LG Meiningen anwaltlich vertreten. Antragsgemäß hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 20.9.2012 zunächst die Rechtsanwaltsvergütung gegen den Antragsgegner gem. § 11 Abs. 1 RVG auf 5.347,23 EUR inklusive verauslagter Zustellungskosten i.H.v. 3,50 EUR festgesetzt.

Der Beschwerde des Antragsgegners hat die Rechtspflegerin sodann mit Beschluss vom 1.11.2012, zugestellt am 6.11.2012, abgeholfen, den Beschluss vom 20.9.2012 aufgehoben und die Vergütungsfestsetzung abgelehnt, da der Antragsgegner eingewandt habe, ihm stünden gegen die Vergütungsforderung Einwendungen zur Seite, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund hätten; der Rechtsstreit sei durch einen Vergleich beendet worden, dem er nie zugestimmt hätte.

Hiergegen hat der Antragsteller seinerseits am 20.11.2012 sofortige Beschwerde eingelegt. Er meint, die erhobenen nichtgebührenrechtlichen Einwendungen müssten unberücksichtigt bleiben, da sie ohne jede Substanz seien und ihre Geltendmachung daher völlig aus der Luft geriffen und willkürlich erscheine.

Das LG hat mit Beschluss vom 4.1.2013 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Jena zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 104 Abs. 3 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat der Rechtsbehelf jedoch keinen Erfolg.

Das LG hat die Festsetzung der Vergütung zu Recht abgelehnt.

Der Antragsgegner hat gegen die Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG Einwendungen erhoben, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, indem er vorgetragen hat, keinen Auftrag für einen Vergleichsschluss erteilt bzw. dem Vergleich nicht zugestimmt zu haben (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 11 RVG Rz. 70).

Diese standen vorliegend einer Festsetzung gem. § 11 Abs. 1 RVG auch entgegen. Zwar ist allgemein anerkannt, dass nicht jede außergebührenrechtliche Einwendung zur Ablehnung der Vergütungsfestetzung im Verfahren nach § 11 RVG führt. Erforderlich ist, dass mit der Einwendung tatsächliche Umstände dargelegt werden, die auf die Besonderheiten des konkreten Falles bezogen sind und aus denen der materiell-rechtliche Einwand zumindest im Kern ersichtlich wird. Im Rahmen des § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG haben dagegen solche außergebührenrechtliche Einwendungen außer Betracht zu bleiben, die auch bei äußerst zurückhaltender summarischer Prüfung unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt Bestand haben können, weil sie erkennbar unrichtig, gänzlich halt- und substanzlos oder offensichtlich aus der Luft gegriffen sind sind (vgl. OLG München MDR 1997, 597; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2006, 268; OLG Celle OLGReport Celle 2009, 40; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 11 Rz. 137).

Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine gänzlich halt- und substanzlose Einwendung, wenn der Antragsgegner vorträgt, dem Vergleichsschluss nicht zugestimmt zu haben. Der - zunächst bis zum 1.8.2012 widerrufliche - Vergleichsschluss im Termin am 25.7.2012 erfolgte in seiner Abwesenheit. Wenn der Antragsteller hierzu mit Schriftsatz vom 30.10.2012 darlegt, den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 30.7.2012 informiert zu haben, so ist zunächst bemerkenswert, dass dieser Schriftsatz nicht als Anlage zur Akte gelangt ist. Entscheidend aber ist, dass eine schriftsätzliche Information unter dem 30.7.2012 in Anbetracht der Widerufsmöglichkeit lediglich bis zum 1.8.2012 - unabhängig von der dargetanen Krebserkrankung des Antragsgegners - möglicherweise keinen bzw. keinen rechtzeitigen Widerruf mehr zugelassen hat.

Da die Einwendung des Antragsgegners insofern begründet sein könnte, dies aber im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht abschließend zu beurteilen ist, kann di...

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