Entscheidungsstichwort (Thema)
Vaterschaftsanfechtung: Beginn der Anfechtungsfrist bei äußeren Anzeichen für Zweifel an der Vaterschaft eines Kindes
Leitsatz (redaktionell)
Ab dem Zeitpunkt, an dem der Anfechtungsberechtigte sichere Kenntnis von Umständen erhält, die gegen seine Vaterschaft sprechen, und dies durch das Erscheinungsbild einer evident unterschiedlichen Hautfarbe bestätigt wird, läuft die zweijährige Anfechtungsfrist.
Normenkette
BGB § 1600b Abs. 1 Sätze 1-2; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Gotha (Urteil vom 22.10.2009; Aktenzeichen 19 F 632/08) |
Tenor
Der Antrag des Klägers vom 23.11.2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Gotha vom 22.10.2009 - 19 F 632/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beklagte ist aus einer nichtehelichen Verbindung des Klägers mit der weiteren Beteiligten hervorgegangen. Die Trennung der Kindeseltern erfolgte 2001, als der Kläger nach Mannheim zog. Der Kläger erkannte die Vaterschaft durch Urkunde des Landratsamtes - Jugendamt -... vom 7.11.2000, Urk.-Reg.-Nr .../2000, an, in der die Kindeseltern gleichzeitig vereinbarten, die elterliche Sorge gemeinsam auszuüben.
Der Kläger ist ivorischer Staatsangehöriger mit schwarzer Hautfarbe, die Mutter der Beklagten ist Deutsche mit weißer Hautfarbe. Unstreitig besuchte der Kläger die Beklagte nach seinem Umzug nach Mannheim in den Jahren 2002, 2003 und 2004 an Weihnachten. Der Kläger ist der Vater des Weiteren Kindes O. K. der Mutter der Beklagten, der 2002 geboren wurde.
3Der Antragsteller hat mit am 6.10.2008 eingegangener Klageschrift Vaterschaftsanfechtungsklage gegen die Beklagte erhoben. Zur Begründung hat er angeführt, seine Kinder seit seinem Umzug nach Mannheim zwar ein- bis zweimal im Jahr gesehen zu haben, aber im Juni 2008 erstmals von der Kindesmutter erfahren zu haben, dass Vanessa wahrscheinlich von einem anderen Mann abstamme. Daraufhin habe er im August 2008 einen Vaterschaftstest machen lassen, nach dessen Ergebnis er nicht der biologische Vater der Beklagten sei.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Anfechtungsfrist des § 1600b BGB von zwei Jahren sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Oktober 2008 längst abgelaufen gewesen. Bereits vor der Geburt der Beklagten habe die Kindesmutter den Kläger davon in Kenntnis gesetzt, dass auch ein anderer Mann, mit dem sie im Empfängniszeitraum eine sexuelle Beziehung unterhalten habe, als Vater der Beklagten in Betracht komme. Dies habe sie dem Kläger unmittelbar nach der Geburt V. s am 12.10.2000 erneut erklärt, da V. hellhäutig ist und blaue Augen hat. Der Kläger, der als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sei, habe erwidert, dass das "nichts mache". Die Vaterschaftsanerkennung und die gemeinsame Sorgeerklärung seien auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers mit der Begründung erfolgt, dass er dann keine Probleme mit der Aufenthalts- und der Arbeitserlaubnis habe.
Der Kläger habe auch bei seinen Besuchen sehen können, dass V. nicht von ihm abstamme, denn V. sei hellhäutig und habe blaue Augen, während ihr Bruder O. K. schwarzhäutig sei. Die Kindesmutter hat Lichtbilder, die die Kinder zusammen mit dem Beklagten in der Wohnung der Kindesmutter zeigen, zu den Akten gereicht. Die dort abgebildeten Kinder V. und O. weisen einen deutlichen Unterschied in der Hautfarbe auf.
Das AG - Vormundschaftsgericht - Gotha hat für die Beklagte Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt zum Ergänzungspfleger bestellt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.10.2009 hat das Familiengericht die Kindesmutter und die weiterhin von der Beklagten benannten Zeuginnen H. und K. vernommen. Auf das Sitzungsprotokoll vom 2.10.2009 wird verwiesen.
Die Kindesmutter hat bekundet, sie habe den Kläger bereits vor und mehrfach nach der Geburt V. s im Jahre 2000 darauf hingewiesen, dass das Kind möglicherweise von einem anderen Mann abstamme. Dies sei auch offensichtlich gewesen, da V. im Gegensatz zu ihrem Bruder O. hellhäutig sei. Sie habe ihren Freundinnen Frau H. und Frau K. auch bereits während der Schwangerschaft mit V. erzählt, dass auch ein anderer Mann als der Kläger der Vater von V. sein könne. Wegen der hellen Hautfarbe V.'s sei es bei den Besuchen des Klägers auch öfters zu Streit zwischen ihm und der Kindesmutter gekommen.
Die Zeugin H. hat bei ihrer Vernehmung bekundet, sie sei mit der Kindesmutter befreundet und habe diese auch während der Schwangerschaft mit V. des Öfteren besucht. Sie sei bei einem Telefonat der Kindesmutter mit dem Kläger zugegen gewesen, bei dem die Kindesmutter den Lautsprecher eingeschaltet habe und den Kläger darauf hingewiesen habe, dass sie im 4. Monat schwanger sei und auch ein anderer Mann als Vater V.'s in Betracht komme. Der Kläger habe sinngemäß erwidert, dass ihm das egal sei.
Die Zeugin K. hat bei ihrer Vernehmung ausgesagt, dass sie bei dem Telefonat der Kindesmutter mit dem Kläger, bei dem sie ihm eröffnet habe, dass auch ein anderer Mann als Vater V.'s in Betracht kommen, zugegen gew...