Leitsatz (amtlich)
1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Leistungsvoraussetzungen für die neu eingeführte Opferpension nach § 17a StrRehaG enger gefasst sind, als bei der (einmaligen) Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG. Damit verbundene Härten können in Einzelfällen durch die Gewährung von Unterstützungsleistungen nach Maßgabe des § 18 StrRehaG gemildert werden.
2. Wird die für eine monatliche besondere Zuwendung in § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG vorausgesetzte Dauer der mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbaren Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens 6 Monaten nicht erreicht, kann dem Betroffenen die monatliche besondere Zuwendung weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung der Härteregelung des § 19 StrRehaG zuerkannt werden.
3. Mit der Rüge, es hätte eine höher rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung anerkannt werden müssen, kann der Betroffene im Verfahren nach § 17a StrRehaG nicht mehr gehört werden.
Normenkette
StrRehaG § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, 3, § 16 Abs. 3, §§ 17, 17a Abs. 1 S. 1, § 18 Abs. 1 S. 1, §§ 19, 25 Abs. 1 S. 4; StPO § 473 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Erfurt (Entscheidung vom 16.03.2009; Aktenzeichen Reha 210/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde wird verworfen.
2. Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben; notwendige Auslagen werden nicht erstattet.
3. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe
I. Der Antragsteller ist durch Urteil des Kreisgerichts Erfurt, Stadtbezirk Mitte, vom 11.06.1971 (Az.: 1 Em S 146/71) wegen Vorbereitungshandlungen zum ungesetzlichen Grenzübertritt im schweren Fall, wegen Diebstahls und versuchten Diebstahls von sozialistischem und persönlichem Eigentum und wegen Rowdytums - Vergehen nach §§ 213 Abs. 1 und 2 Ziff. 3, Abs. 3, 158 Abs. 1, 161, 177 Abs. 1, 180, 215 Abs. 1 StGB/DDR i.V.m. §§ 64 und 66 StGB/DDR - zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden. In dieser Sache befand sich der Antragsteller in der Zeit vom 10.02.1971 bis zum 10.04.1972 zunächst in Untersuchungshaft und dann in Strafhaft.
Durch Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 31.10.1995, rechtskräftig seit dem 16.02.1996 (Az.: IV Reha 512/94, Landgericht Erfurt) ist das Urteil des Kreisgerichts Erfurt vom 11.06.1971 hinsichtlich der Verurteilung des Betroffenen wegen Vorbereitungshandlungen zum ungesetzlichen Grenzübertritt im schweren Fall sowie wegen des entschädigungslosen Einzugs eines Schulatlasses als rechtsstaatswidrig aufgehoben worden, soweit auf eine Freiheitsstrafe von mehr als 9 Monaten erkannt und der Schulatlas eingezogen wurde, weil es insofern mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlich rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar war. Weiter wurde festgestellt, dass der Antragsteller die Freiheitsentziehung in der Zeit vom 10.11.1971 bis 10.04.1972 zu Unrecht erlitten hat.
Auf seinen Antrag vom 24.11.1996/03.12.1996 hat das Landesamt für Rehabilitierung und Wiedergutmachung mit bestandskräftigem Bescheid vom 03.12.1996 dem Antragsteller gemäß § 17 StrRehaG eine Kapitalentschädigung für eine zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung in Höhe von 3.300,00 DM zugewandt und zur Begründung unter Hinweis auf § 17 StrRehaG ausgeführt, die rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung habe vom 10.11.1971 bis 10.04.1972 gedauert, weshalb der Berechnung einer Haftzeit von 6 Monaten zugrunde zu legen sei.
Auf weiteren Antrag vom 09.02.2000 hat das Landesamt für Soziales und Familie mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.03.2001 dem Antragsteller im Hinblick auf die von 550,00 DM auf 600,00 DM gestiegene monatliche Entschädigung eine Nachzahlung in Höhe von 300,00 DM gewährt.
Mit Datum vom 27.08.2007 hat der Antragsteller beim Thüringer Landesamt für Familie und Soziales die Gewährung einer besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG beantragt. Diesen Antrag hat das Thüringer Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom 21.07.2008 (Az.: 3600/3663/07) mit der Begründung abgelehnt, die Dauer der rechtsstaatswidrigen Haft des Antragstellers von insgesamt 153 Tagen sei dafür nicht ausreichend, weil die zu Unrecht verbüßte Haft mindestens 6 Monate und damit 180 Tage betragen müsse.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller durch Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 12.08.2008, eingegangen beim Landgericht Erfurt am 13.08.2008, gemäß § 25 Abs. 1 StrRehaG form- und fristgerecht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Die zuständige Kammer für Rehabilitierungssachen hat den Antrag mit Beschluss vom 16.03.2009 abgelehnt.
Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 26.03.2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 27.04.2009 bei dem Landgericht eingegangenem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 13 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 4 StrRehaG statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 17a StrRehaG liegen nicht vor.
Ein Anspruch auf eine monatliche besonder...