Leitsatz (amtlich)
Bei der Festsetzung des Streitwertes für eine Vollstreckungsgegenklage bleiben (Grundschuld-)Zinsen und Kosten ausser Betracht.
Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 25.09.2007; Aktenzeichen 9 O 1972/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Erfurt vom 25.9.2007 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für den Rechtsstreit festgesetzt wird auf 92.032,54 EUR, (Vollstreckungsabwehrklage 76.693,78 EUR; Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 15.338,76 EUR).
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1. Die Beklagte vollstreckt wegen einer noch i.H.v. 115.746,01 EUR valutierenden Darlehensschuld Dritter in das Grundstück des Klägers, auf dem zur Sicherung dieses Darlehens eine Grundschuld i.H.v. 150.000 DM (= 76.693,78 EUR) zzgl. 15 % Zinsen jährlich und einer einmaligen Nebenleistung von 5 % des Grundschuldbetrages für die Beklagte eingetragen ist.
Mit dem durch klageabweisendes Urteil vom 25.7.2007 beendeten Verfahren hatte der Kläger die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung sowie eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt.
Mit Beschluss vom 25.9.2007 hat das LG den Streitwert für den Rechtsstreit I. Instanz auf insgesamt 276.097,58 EUR festgesetzt, wovon 230.081,32 EUR auf den Hauptsacheantrag und 46.016,26 EUR (= 1/5 des Hauptsachewerts) auf den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entfielen. Dabei hat es den Wert des Hauptsacheantrags mit der Summe aus dem Nennwert der Grundschuld von 76.693,78 EUR, dinglichen Zinsen von 149.552,87 EUR und der eingetragenen Nebenleistung von 3.834,96 EUR berechnet.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2007 hat der Kläger gegen diesen, ihm am 28.9.2007 zugestellten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und eine Herabsetzung des Streitwertes begehrt.
Er meint, maßgeblich für den Wert des Hauptsacheantrags sei der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs ohne Zinsen und weitere Kosten, also 76.693,78 EUR. Jedenfalls sei höchstens der Betrag anzusetzen, wegen dessen die Beklagte vollstrecke, also 115.746,01 EUR.
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die gem. §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Streitwert einer Vollstreckungsabwehrklage bemisst sich gem. § 3 ZPO nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. Zinsen und Kosten bleiben dabei gem. §§ 43 Abs. 1 GKG, 4 ZPO außer Betracht (BGH Beschl. v. 9.2.2006 - IX ZB 310/04 m.w.N.), es sei denn es handelt sich um Zinsen aus einem nicht oder nicht mehr im Streit stehenden Hauptanspruch, die selbständig geltend gemacht werden können nicht mehr als Nebenforderung eingestuft werden (ganz h.M., vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2007 - 1 W 14/07 m.w.N.).
Eine von diesen Grundsätzen abweichende Behandlung dinglicher Zinsen bei der Streitwertfestsetzung ist weder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, noch lässt sich diese sachlich rechtfertigen.
Soweit der Senat in dem Beschl. v. 31.5.2007 - 5 W 421/06, eine andere Auffassung vertreten hat, wird an dieser nicht festgehalten.
Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass der festzusetzende Streitwert in einem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung für die Parteien stehen muss, da anderenfalls der verfassungsrechtlich garantierte Zugang zu den Gerichten in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert würde (BVerfG Beschl. v. 16.11.1999 - 1 BvR 1821/94).
Die Berücksichtigung dinglicher Zinsen bei der Streitwertfestsetzung einer Abwehrklage gegen die Vollstreckung aus einer Grundschuld würde in einer Vielzahl von Fällen zu hohen Streitwerten führen, die das wirtschaftliche Interesse des Vollstreckungsschuldners - unter Umständen um ein Vielfaches - übersteigen. Dies käme zum einen immer dann in Betracht, wenn der Betrag, wegen dessen der Gläubiger vollstreckt, niedriger ist als der aus der Grundschuld vollstreckbare, sei es wegen nur teilweiser Valutierung der Grundschuld, sei es wegen der bei dinglichen Zinsen üblichen höheren Zinssätze, und zum anderen immer dann, wenn der aus der Grundschuld vollstreckbare Betrag den Wert des Grundstücks übersteigt.
Wirtschaftlich betrachtet will derjenige, der sich mit der Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung aus einer Grundschuld wendet, nichts anderes, als der, der auf Einwilligung in die Löschung der Grundschuld klagt. Daher hat auch die Streitwertfestsetzung entsprechend zu erfolgen.
Wie der Streitwert für eine solche Klage zu bemessen ist, wird in der Rechtsprechung zwar unterschiedlich gesehen (s. zum Streitstand Schneider-Herget, Streitwert-Kommentar, 12. Aufl. 2007, Rnn. 3326 ff.). Die unterschiedlichen Auffassungen beziehen sich jedoch lediglich auf die Frage, ob und ggf. inwieweit Abschläge wegen geringerer Valutierung zu machen sind....