Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung beim Obsiegen von Streitgenossen
Leitsatz (amtlich)
Haben Streitgenossen ganz oder teilweise obsiegt und hat deswegen jedenfalls einer von ihnen einen Erstattungsanspruch gegen den Prozessgegner, so kann der einzelne Streitgenosse grundsätzlich nicht den vollen Betrag verlangen, den er nach § 7 Abs. 2 RVG seinem Rechtsanwalt schuldet, sondern nur den Teil der anwaltlichen Gesamtkosten, der seinem Anteil am Verfahren entspricht.
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Beklagten zu 1) ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Denn die Bewilligung bewirkt nur, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten von dem Beklagten zu 1) keine Zahlung verlangen kann (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) und der Beklagtenvertreter wahlweise seine herabgesetzte Vergütung, soweit sie auf die Vertretung des Beklagten zu 1) entfällt, von der Staatskasse (§§ 45 Abs. 1, 49 RVG) oder seine Wahlanwaltsgebühren und Auslagen im eigenen Namen von der Klägerin verlangen kann (§ 126 Abs. 1 ZPO).
Normenkette
BGB § 426; ZPO §§ 122, 126; RVG §§ 7, 45, 49
Verfahrensgang
LG Gera (Beschluss vom 13.03.2012; Aktenzeichen 2 O 1680/09) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Gera vom 13.3.2012 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 27.11.2012 abgeändert.
Die von dem Beklagten zu 2) an die Klägerin zu erstattenden Gerichtskosten für beide Instanzen werden auf 225,48 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.12.2011 festgesetzt.
Die von der Klägerin an den Beklagten zu 2) zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen werden auf 5.528,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.2.2012 festgesetzt.
Im Übrigen werden die Beschwerden der Klägerin und des Beklagten zu 2) zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 70 % und der Beklagte zu 2) 30 % zu tragen.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.885,85 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin hatte die Beklagten wie Gesamtschuldner auf Zahlung von 54.262,94 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 21.11.2011 hat der Senat den Beklagten zu 2) zur Zahlung von 5.000 EUR verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) für beide Rechtszüge zu tragen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beklagten zu 2) für beide Rechtszüge haben die Klägerin 95 % und der Beklagte zu 2) 5 % zu tragen.
Der Beklagte zu 2) hat unter Verweis auf die Zahlungsunfähigkeit der Beklagten zu 1) außergerichtliche Kosten von gesamt 8.248,84 EUR für beide Instanzen zum Ausgleich angemeldet. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat das LG mit 7.834,23 EUR in die Ausgleichung eingestellt, was von keinem Beteiligten beanstandet wird.
Am 13.3.2012 hat das LG die zu erstattenden Kosten wie folgt festgesetzt:
Gerichtskosten: Von dem Beklagten zu 2) an die Klägerin 225,48 EUR
außergerichtliche Kosten: Von der Klägerin an den Beklagten zu 1) 4.124,42 EUR
Von der Klägerin an den Beklagten zu 2) 3.526,49 EUR,
jeweils nebst Zinsen.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem das LG von außergerichtlichen Gesamtkosten beider Beklagten von 8.248,85 EUR ausgegangen ist, haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte zu 2) sofortige Beschwerde eingelegt. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 1) keine Kostenfestsetzung beantragt hatte und meint, der Beklagte zu 2) könne nur die Hälfte der Gesamtkosten der Beklagten festsetzen lassen, nämlich um einige Positionen gekürzt auf 3.332,85 EUR. Der Beklagte zu 2) hält grundsätzlich an seiner Kostenberechnung fest, hat aber mitgeteilt, dass er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Am 27.11.2012 hat das LG den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.3.2012 auf die beiden sofortigen Beschwerden "berichtigt" und die Kosten wie folgt festgesetzt:
Gerichtskosten: Von dem Beklagten zu 2) an die Klägerin 225,48 EUR
außergerichtliche Kosten: Von der Klägerin an den Beklagten zu 2) 2.818,91 EUR
jeweils nebst Zinsen.
Das LG legt nun außergerichtliche Gesamtkosten der Beklagten von 6.759,20 EUR zugrunde. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte zu 2) erneut sofortige Beschwerde eingelegt, was überflüssig wäre, weil es sich bei dem Beschluss des LG vom 27.11.2012 um einen Teilabhilfebeschluss handelt. Das LG hätte die Sache danach sofort dem Senat vorlegen müssen.
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) hat in der Sache teilweise Erfolg. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat, soweit ihr das LG nicht bereits abgeholfen hat, keinen Erfolg.
Entgegen der Auffassung der Klägerin und des LG kann der Beklagte zu 2) vorliegend die gesamten Kosten, die er seinem Prozessbevollmächtigten schuldet, geltend machen.
Haben Streitgenossen ganz oder teilweise obsiegt und hat deswegen jedenfalls einer von ihnen einen Erstattungsanspruch...