Verfahrensgang

LG Gera (Beschluss vom 25.01.2006; Aktenzeichen 3 O 1976/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.12.2006; Aktenzeichen VII ZB 50/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Werklohnzahlung. Ihren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Antrag vom 24.1.2006 hat das LG durch Beschluss vom 25.1.2006 mit der Begründung abgelehnt, eine Bedürftigkeit der Klägerin i.S.d. §§ 114 ff. ZPO sei nicht feststellbar. Bei den Kosten eines Prozesses, die ein Gewerbetreibender für einen Rechtsstreit in Ansehung einer gewerblichen Forderung aufzubringen habe, handele es sich um Betriebsausgaben. Wenn die betrieblichen Einnahmen hierfür nicht ausreichend seien, müssten anderweitige unternehmerische Entscheidungen getroffen werden.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.1.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, die sie damit begründet, sie halte die Auffassung des LG, wonach ein Einzelunternehmer zur Finanzierung des Rechtsstreits Fremdmittel aufnehmen müsse und, sofern ihm dies nicht gelinge, letztlich einen Insolvenzantrag zu stellen habe, für falsch.

Der sofortigen Beschwerde hat das LG nicht abgeholfen, sondern sie zur Entscheidung dem OLG Jena vorgelegt.

II. Der von der Klägerin gegen den Beschluss des LG Gera vom 25.1.2006 eingelegte Rechtsbehelf ist als sofortige Beschwerde gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und auch zulässig eingelegt, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das LG durch die angegriffene Entscheidung den Antrag der Klägerin vom 24.1.2006 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihr gegen den Beklagten geführte Klage abgelehnt.

Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hineichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An der hiernach erforderlichen Bedürftigkeit fehlt es.

Die Klageforderung betrifft Ansprüche aus dem Gewerbebetrieb der Klägerin. Nach der ständigen Spruchpraxis des Senats (zuletzt Beschl. v. 9.9.2005 - 7 W 495/05) sind Kosten für die Rechtsverfolgung von den Gewerbebetrieb betreffenden Ansprüchen Betriebsausgaben, die aus dem Unternehmen aufzubringen sind (ebenso: OLG Nürnberg v. 4.12.2002 - 6 W 3409/02, OLGReport Nürnberg 2003, 189 = MDR 2003, 593; THOLG, Beschl. v. 28.8.2003 - 1 W 463/03). Falls die Einnahmen hierzu nicht ausreichen, sind andere unternehmerische Entscheidungen erforderlich, wie die Aufnahme eines Kredites oder aber auch der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im Einzelfall mag zwar die Gewährung von Prozesskostenhilfe in Betracht kommen, wenn eine begründete Vermutung dafür besteht, dass gerade mit der Durchführung des Rechtsstreits, für den Prozesskostenhilfe beantragt wird, die drohende Insolvenz eines Unternehmens vermieden werden kann (so wohl auch OLG Nürnberg, a.a.O.). Grundsätzlich aber ist die Prozesskostenhilfe eine staatliche Fürsorgeleistung, die nicht dazu dient, auf Kosten der Allgemeinheit die erfolglose wirtschaftliche Betätigung Einzelner zu subventionieren. Dass hier ein solcher Ausnahmefall vorläge, der die Gewährung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnte, ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Die vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2004 weist einen Gewinn von 39.101,40 EUR aus. Die Klägerin verfügt daher über ausreichende wirtschaftliche Bewegungsfreiheit, um die Prozesskosten zu tragen. Zu der zu prüfenden Bewegungsfreiheit gehört auch die Möglichkeit, die Prozesskosten aus einer erweiterten Kreditaufnahme zu bestreiten (vgl. OLG Brandenburg, JurBüro 1997, 30). Bedenken gegen die Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme bestehen bei einer am Wirtschaftsleben teilnehmenden Person, die auch bei ordnungsgemäßem und erfolgreichem Geschäftsgang Verbindlichkeiten eingeht, die die zu tragenden Prozesskosten um ein Vielfaches übersteigen, regelmäßig nicht (so auch OLG Frankfurt v. 7.11.1986 - 2 WF 235/86, FamRZ 1987, 179). Derartige Bedenken bestehen auch vorliegend nicht, denn bei einem Streitwert von 6.293,23 EUR sind die Prozesskosten im Verhältnis zum Betrag der Kreditverbindlichkeiten der klägerischen Unternehmung, ersichtlich aus der vorgelegten, zum Stichtag 31.12.2004 aufgestellten Bilanz, marginal. Angesichts des bereits dargestellten Geschäftsergebnisses 2004 spricht auch nichts dafür, dass der Klägerin die erforderliche Kreditaufnahme nicht möglich ist.

Der vom 2. Zivilsenat (Beschl. v. 27.6.2005 - 2 W 108/05) und zuletzt vom 5. Zivilsenat (Beschl. v. 2.1.2006 - 5 W 642/05, OLGReport Jena 2006, 198) vertretenen Auffassung, wonach die vom Senat vertretene Ansicht in den Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO keine Stütze finde, weil schon nach dem Wortlaut des § 114 ZPO der "Partei" bei Erfüllung der weite...

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