Leitsatz (amtlich)

Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des österreichischen internationalen Privatrechts (§ 32 i.V.m. § 31 Abs. 1 IPR-Gesetz - Österreich) sehen eine Rückverweisung auf das deutsche Erbrecht vor, die allerdings gegenständlich auf das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen und sachlich auf den Erwerbsmodus beschränkt ist. Das deutsche Kollissionsrecht nimmt diese Rückverweisung auf das deutsche Recht an (Art. 4 Abs. 2 EGBGB).

Im Ergebnis bleibt es für die Frage, wer zum Erben des Erblassers berufen ist, bei den Regelungen des österreichischen Erbrechts, während für die Frage des Übergangs des unbeweglichen in Deutschland belegenen Vermögens auf die Erben deutsches Erbrecht anwendbar ist.

 

Normenkette

FamFG §§ 58, 63-64; AGBG §§ 1924, 1942, 1944, 1953; AGBG 1953 § 757; EGBGB Art. 4

 

Verfahrensgang

AG Sondershausen (Beschluss vom 25.05.2011; Aktenzeichen VI 758/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 25.7.2011 wird der Beschluss des AG - Nachlassgerichts - Sondershausen vom 25.5.2011 - VI 758/09, Nichtabhilfeentscheidung vom 27.7.2011, aufgehoben.

Die Tatsachen, die zur Erteilung des in der Urkunde des Notars Dr ... vom 25.9.2009 beantragten Erbscheins erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, einen gegenständlich beschränkten Erbschein bezüglich des in der Bundesrepublik Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens des Erblassers zu erteilen, welcher den Beteiligten zu 1) als Erben zu 1/3, die Beteiligte zu 2) als Erbin zu 2/3 ausweist.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 2.000 EUR.

 

Gründe

I. Der am 20.2.2005 in Linz/Österreich verstorbene Erblasser war österreichischer Staatsangehöriger.

Der Erblasser war mit der Beteiligten zu 2) verheiratet; er hatte keine Kinder. Der Beteiligte zu 1) ist der Bruder des Erblassers, die Beteiligte zu 3) dessen Schwester. Die Beteiligten zu 4) und 5) sind die Nichten des Erblassers (Töchter der Beteiligten zu 3).

Der Erblasser war u.a. Miteigentümer eines im Grundbuch des AG von Sonderhausen eingetragenen Grundstücks. Er hat keine letztwillige Verfügung hinterlassen.

Nachdem die Beteiligte zu 3) in dem Verlassenschaftsverfahren vor dem Bezirksgericht Linz nicht erschienen ist, hat das Gericht die Verlassenschaft nach österreichischem Recht dem Beteiligten zu 1) zu 1/3 sowie der Beteiligten zu 2) zu 2/3 eingeantwortet (Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Linz vom 24.10.2005, Bl. 12 d.A.).

Am 2.10.2009 beantragte der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins bezüglich des in der Bundesrepublik Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens, der bezeugen soll, dass der Erblasser von seiner Ehefrau (der Beteiligten zu 2) zu 2/3 und seinem Bruder (dem Beteiligten zu 1) zu 1/3 beerbt worden ist (Bl. 2 ff. d.A.).

Mit Beschluss vom 25.5.2011 lehnte das AG - Nachlassgericht - Sondershausen den Antrag ab und wies zur Begründung darauf hin, dass nach dem insoweit maßgeblichen österreichischen Recht Erbin des Erblassers neben dem Antragsteller und der Ehefrau des Erblassers auch dessen Schwester, die Beteiligte zu 3), geworden sei. Da sich der Anfall des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens nach deutschen Recht bestimme, hätten die Erben das in Deutschland belegenen Vermögen gem. § 1942 BGB mit dem Tod des Erblassers erworben. Der die Beteiligte zu 3) ausschließende Einantwortungsbeschluss betreffe nur den in Österreich vorhandenen Nachlass; dass die Beteiligte zu 3) von ihrem Ausschlagungsrecht gem. §§ 1942 Abs. 1, 1944 Abs. 1 BGB Gebrauch gemacht haben, sei nicht vorgetragen.

Gegen den ihm am 29.6.2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 25.7.2011 Beschwerde eingelegt (Bl. 38 d.A.). Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 22.11.2011 hat der Senat die Beteiligte zu 3) zu dem Erbscheinsantrag und der Beschwerde angehört und darauf hingewiesen, dass das in Deutschland belegene unbewegliche Nachlassvermögen nach deutschem Recht mit dem Tode des Erblassers auf die gesetzlichen Erben übergegangen ist. Daraufhin hat die Beteiligte zu 3) am 21.12.2011 die Ausschlagung der Erbschaft nach dem Erblasser erklärt (Bl. 49 ff. d.A.). Die Beteiligte hat sich darauf berufen, erst durch das Schreiben des Senats erfahren zu haben, dass sie hinsichtlich des in Deutschland belegenen Vermögens die Ausschlagung erklären müsse, wenn sie den Erbschaftsanfall beseitigen wolle.

Die Kinder der Beteiligten zu 3), die Beteiligten zu 4) und 5), haben am 26.4.2011 bzw. 9.5.2012 die Erbschaft nach dem Erblasser ausgeschlagen und zwar für sich und - gemeinsam mit den sorgeberechtigten Vätern - für die minderjährigen Kinder. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausschlagungserklärungen, Bl. 53 und 55 ff. d.A. Bezug genomm...

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