Leitsatz (amtlich)
Zur Verwertbarkeit einer unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO durch die Polizei angeordneten Blutprobe eines alkoholisierten Kraftfahrers
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1; StGB § 316; StPO § 81a
Verfahrensgang
AG Sondershausen (Aktenzeichen 475 Js 47047/08 - 1 Ds) |
Tenor
Die Revision wird auf Antrag der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 2 StPO auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe
I.
Am 30.07.2008 verurteilte das Amtsgericht Sondershausen den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 EUR, ordnete die Einziehung des Führerscheins an, entzog die Fahrerlaubnis und wies die Verwaltungsbehörde an, dem Angeklagten vor Ablauf von 12 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30.07.2008, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tage, Rechtsmittel eingelegt. Nachdem ihm das vollständig abgefasste Urteil vom 30.07.2008 in Ausfertigung am 11.08.2008 zugestellt worden war, hat der Angeklagte mit am 22.08.2008 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 15.08.2008 bestimmt, dass das Rechtsmittel als Revision durchgeführt werden soll und beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Sondershausen vom 07.08.2008 das Verfahren an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Sondershausen zurückzuverweisen.
Mit der Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte eine Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO mit der Begründung, der von ihm in der Hauptverhandlung gestellte Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Mühlhausen wisse, dass Polizeibeamte regelmäßig ohne Einholung einer richterlichen Anordnung Blutprobenentnahmen anordnen, und dass sie diese Praxis dulde, den Leitenden Oberstaatsanwalt beim Landgericht Mühlhausen als Zeugen zu vernehmen, sei vom Amtsgericht rechtsfehlerhaft wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt worden.
Ebenfalls mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte die Verwertung des Alkoholuntersuchungsbefundes des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena vom 04.04.2008 betreffend die beim Angeklagten am 02.04.2008 um 20:32 Uhr entnommene Blutprobe. Der Verwertung dieses Alkoholuntersuchungsbefundes stehe eine Beweisverwertungsverbot entgegen, weil die Anordnung der Entnahme der Blutprobe durch einen Polizeibeamten erfolgt sei, der zuvor nicht versucht habe, eine richterliche Anordnung zu erreichen. Es sei davon auszugehen, dass eine systematische Missachtung des Richtervorbehaltes vorliege. Dies ergebe sich vor dem Hintergrund, dass die vom Amtsgericht als bedeutungslos unterstellte Tatsache, im Rahmen der Beweiswürdigung als gegeben angesehen werden müsse.
Zur Revision hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft am 20.10.2008 mit dem Antrag, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, Stellung genommen. Diese Stellungnahme ist dem Verteidiger des Angeklagten am 23.10.2008 übermittelt worden. Hierauf hat der Verteidiger des Angeklagten mit Schriftsatz vom 30.10.2008 erwidert.
II.
Die gemäß § 335 Abs. 1 StPO statthafte Sprungrevision ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht, § 341 Abs. 1 StPO, eingelegt und ebenso begründet worden, §§ 344, 345 StPO.
In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1. Die auf Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO gestützte und entsprechend den inhaltlichen Anorderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführte Verfahrensrüge ist unbegründet.
Der im Hauptverhandlungstermin vom 30.07.2008 gestellte Antrag der Verteidigung genügt bereits nicht den Anforderungen, die an einen Beweisantrag i.S.d. § 244 Abs.3 StPO zu stellen sind, denn das mitgeteilte Beweisthema ist in seinem Kern nicht Tatsachenbehauptung sondern dem Beweis nicht zugängliche Bewertung. Wie aus der Revisionsbegründung ersichtlich will die Verteidigung mit dem Beweisantrag behaupten, dass in den Fällen, in denen Polizeibeamte regelmäßig ohne Einholung einer richterlichen Anordnung Blutprobenentnahmen anordnen, die nach § 81a Abs.2 StPO erforderliche Verzugsgefahr nicht vorliege. Letzteres aber ist eine dem Tatsachenbeweis nicht zugängliche Bewertung. Stattdessen hätten die Grundlagen einer solchen Bewertung, nämlich die hinreichend konkretisierte Darstellung von Vergleichsfällen, deren Sachverhaltsgestaltung eine derartige Bewertung rechtfertigt, zum Beweisthema gemacht werden müssen. Die Unzugänglichkeit dieser tatsächlichen Grundlagen (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 51.Aufl., § 344 Rdnr. 22) ist weder vorgetragen noch offensichtlich.
Auch unter Aufklärungsgesichtspunkten war dem als Beweisermittlungsantrag zu behandelnden Beweisantrag der Verteidigung nicht nachzugehen, denn wie das Amtsgericht - allerdings nur im Ergebnis (dazu unter 2a) - zutreffend ausgeführt hat, ist die Beweistatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung.
Nicht die Staatsanwaltschaft sond...