Verfahrensgang
AG Hildburghausen (Entscheidung vom 30.11.2004) |
Tenor
Dem Antragsteller wird für das Verfahren im ersten Rechtszug eine Pauschgebühr in Höhe von 350,00 EUR (netto) bewilligt.
Die Pauschgebühr tritt an die Stelle der Gebühr nach Nummer 4106 VV RVG.
Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rechtsanwalt D. vertrat den Angeklagten seit dem 13.09.2004 als Wahlverteidiger. In dem Verfahren war am 07.09.2004 durch die Staatsanwaltschaft Meiningen gegen den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung, unerlaubten Entfernens vom Unfallort sowie Aussetzung Anklage erhoben worden.
Mit Urteil vom 30.11.2004 wurde der Angeklagte durch das Amtsgericht Hildburghausen - Einzelrichter - der fahrlässigen Körperverletzung für schuldig befunden und er wurde zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50,00 EUR verurteilt. Weiterhin wurde dem Angeklagten für die Dauer von 3 Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Vom Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort sowie der Aussetzung wurde der Angeklagte freigesprochen. In diesem Umfang wurden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.
Die gegen dieses Urteil von der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung wurde vor der Berufungshauptverhandlung zurückgenommen.
Mit Schriftsatz vom 05.04.2005 hat der Verteidiger beantragt,
ihm eine "Pauschvergütung" in der Weise zu bewilligen, dass die Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht nach Nr. 4106 VV RVG um 200,00 EUR sowie die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht nach Nr. 4108 VV RVG um 100,00 EUR erhöht werden.
Der Antrag umfasst weiterhin die Bewilligung der Mehrwertsteuer. Der Verteidiger hat den Antrag damit begründet, dass die Sache für den Angeklagten eine erhöhte Bedeutung gehabt habe und dass der Vorbereitungsaufwand auf die Hauptverhandlung, einschließlich durchgeführter Ortstermine weit überdurchschnittlich gewesen sei.
Der Bezirksrevisor bei dem Thüringer Oberlandesgericht wurde gehört und hat beantragt, den Antrag des Verteidigers zurückzuweisen.
Auch der Angeklagte hat die Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung einer Pauschgebühr beantragt.
II.
Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG ist im bezeichneten Umfang - hinsichtlich der Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG - begründet.
Nach § 42 Abs. 1 RVG wird dem gewählten Verteidiger auf Antrag eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte festgesetzt, wenn auf Grund des besonderen Umfanges oder der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren eines Wahlanwaltes nicht zumutbar sind.
Die Prüfung der Unzumutbarkeit schließt die Berücksichtigung der weiteren Umstände, die nach § 14 RVG bei der Bemessung der Rahmengebühren durch den Verteidiger maßgeblich sind, nämlich der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, ein. Denn nur dann kann beurteilt werden, ob der Höchstbetrag der Rahmengebühr für den Verteidiger nicht zumutbar ist. Eine Pauschgebühr nach § 42 RVG wird vorrangig dann in Betracht kommen, wenn bereits die Bedeutung der Sache für den Angeklagten und/oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers überdurchschnittlich sind sowie zusätzlich ein besonderer Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bzw. eine besondere Schwierigkeit derselben gegeben ist. Insoweit unterscheidet sich die Festsetzung der Pauschgebühr nach § 42 RVG, auch wenn der Gesetzeswortlaut fast identisch ist, wesentlich von der Festsetzung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG.
Vorliegend sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten, der Rentner ist und monatlich 1.500,00 EUR Rente bezieht, als durchschnittlich einzuschätzen. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Angeklagten war jedoch weit überdurchschnittlich. Dem bislang völlig unbescholtenen Mandanten wurde u.a. ein Verbrechen der Aussetzung zur Last gelegt. Damit stand der Ausspruch einer Freiheitsstrafe (ggf. ausgesetzt zur Bewährung) im Raum. Weiterhin kam ein Entzug der Fahrerlaubnis in Betracht, wobei auf Grund des Alters des Angeklagten sogar der Verlust der Fahrerlaubnis auf Dauer befürchtet werden musste. Der Angeklagte ist jedoch zur Betreuung seiner kranken Ehefrau auf den Führerschein angewiesen.
Bei durchschnittlicher Schwierigkeit und durchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wären deshalb bereits Rahmengebühren des Wahlverteidigers im jeweils oberen Bereich angemessen.
Durch den Senat war damit zu prüfen, ob unter Berücksichtigung einer besonderen Schwierigkeit und/oder eines besonderen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit die Höchstgebühren nach Nummern 4106 und 4108 VV RVG für den Wahlanwalt nicht zumutbar sind.
Die Grundgebühr nach Nr. 4101 VV RVG brauchte der Senat in seiner Prüfung nicht einzubeziehen, weil insoweit ein Antrag auf Pauschgebühr nicht gestellt worden ist. Letzteres...