Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenanspruch eines nicht ortsansässigen Rechtsanwalts im PKH-Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Nach Wegfall der Beschränkung der Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte vor den Landgerichten bleibt es das Anliegen des § 121 ZPO, unnötige Reisekosten zu vermeiden. Allerdings setzt eine Beschränkung der Reisekosten voraus, dass der nicht ortsansässige Anwalt vor der Beiordnung befragt wird, ob er einer Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts zustimmt. Unterbleibt die Befragung, hat er mit der Beiordnung Anspruch auf uneingeschränkte Honorierung.
Normenkette
ZPO §§ 78, 121 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Mühlhausen (Aktenzeichen 5 O 1480/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des LG Mühlhausen vom 8.2.2001 dahingehend abgeändert, dass die Beschränkung der Beiordnung von Rechtsanwalt M. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts entfällt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet. Gegen diese, ihm am 23.2.2001 zugestellte Entscheidung hat der Rechtsanwalt mit einem am 15.3.2001 beim LG eingegangenen Schriftsatz Beschwerde mit dem Ziel uneingeschränkter Beiordnung eingelegt. Mit Beschluss vom gleichen Tage hat die Kammer der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde führte zum Erfolg.
Wird ein Rechtsanwalt nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet, ohne sich damit einverstanden erklärt zu haben, so ist er durch die Entscheidung beschwert und es steht ihm ein eigenes Beschwerderecht zu (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 127 Rz. 19).
Dieses hat der Beschwerdeführer auch innerhalb der Frist des § 127 Abs. 3 ZPO ausgeübt.
Das Rechtsmittel führt zur Abänderung der angegriffenen Entscheidung dahingehend, dass die Beschränkung der Beiordnung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts entfällt.
Zwar bestimmt § 121 Abs. 3 ZPO, dass ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch zusätzliche Kosten nicht entstehen. Auch seit der Änderung des § 78 ZPO Anfang 2000 und dem Wegfall der Postulationsbeschränkung in Zivilprozessen vor den LG bleibt Grundanliegen des § 121 ZPO, unnötige Reisekosten zu vermeiden (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rz. 12). Bei der Auswahl des beizuordnenden Anwalts ist daher zu beachten, dass auch eine vermögende Partei unnötige Mehrkosten eines auswärtigen Anwalts nach Möglichkeit vermeiden würde. Es ist daher im Einzelfall anhand des Sach- und Streitstandes zu prüfen, ob in Anbetracht eventuell notwendiger Reisekosten oder zur Meidung der Mehrkosten eines Korrespondenzanwalts die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts auch von einer vermögenden Partei als sachgerecht angesehen werden würde.
Allerdings darf das Gericht das Mehrkostenverbot nicht dazu nutzen, den auswärtigen Anwalt ungefragt oder gegen seinen Willen auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts zu beschränken (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rz. 12 m.w.N.). Vielmehr muss das Prozessgericht nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, der sich der Senat anschließt, den auswärtigen Rechtsanwalt vor der Entscheidung über die Beiordnung fragen, ob er bereit ist, zu den Bedingungen eines am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts tätig zu werden (OLG Düsseldorf v. 23.2.1993 – 3 WF 13/93, FamRZ 1993, 819).
Unterbleibt dies aber oder lehnt der auswärtige Anwalt eine derartige Beschränkung ab, so kann ihm diese nicht aufgezwungen werden (OLG Düsseldorf v. 23.2.1993 – 3 WF 13/93, FamRZ 1993, 819; OLG Hamm, FamRZ 1995, 648).
Wird, wie im vorliegenden Fall von dem auswärtigen Rechtsanwalt vor der Entscheidung über die Beiordnung eine Erklärung, dass er bereit ist, zu den Bedingungen eines ortansässigen Anwalts tätig zu sein, nicht verlangt, so hat er mit seiner Beiordnung Anspruch auf uneingeschränkte Honorierung erlangt (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rz. 12 m.w.N.).
Nachdem die Kammer vor der Beiordnungsentscheidung die Frage der Beiordnungsbedingungen weder angesprochen, noch der Beschwerdeführer von sich aus hierzu Erklärungen abgegeben hatte, konnte die ohne Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgte Beschränkung mithin keinen Bestand haben.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Hükelheim, Wilms, Zoller
Fundstellen
Haufe-Index 1106415 |
AGS 2002, 260 |
OLG-NL 2001, 119 |
OLGR-NBL 2002, 178 |