Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstücksverkehrsgenehmigung, Siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht, Ungesunde Bodenverteilung, Beurteilungszeitpunkt

 

Leitsatz (amtlich)

Im gerichtlichen Verfahren wegen Einwendungen gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ist der Versagungsgrund der ungesunden Bodenverteilung auch nach In-Kraft-Treten des FamFG weiterhin auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts zu prüfen. Das gilt für sämtliche Voraussetzungen dieses Versagungsgrundes, also auch für die Frage, ob ein aufstockungsbedürftiger, erwerbsbereiter und -fähiger Landwirt vorhanden ist.

 

Normenkette

GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1; RSG §§ 4, 10

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Beschluss vom 08.06.2011; Aktenzeichen Lw 16/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Erfurt vom 8.6.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgewiesen wird.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts durch die weitere Beteiligte zu 4. und begehrt die Genehmigung des im Betreff bezeichneten Vertrages.

Er schloss am 18.8.2010 vor dem Notar B. einen notariellen Kaufvertrag mit dem weiteren Beteiligten zu 6. über Miteigentumsanteile an drei landwirtschaftlichen Grundstücken zu einem Kaufpreis von insgesamt 25.000 EUR. Der Urkundsnotar beantragte mit Schreiben vom 25.8.2010, beim Landwirtschaftsamt am 27.8.2010 eingegangen, die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des Vertrages. Mit Zwischenbescheid vom 9.9.2010, dem Beteiligten zu 6. am 10.9.2010 zugestellt, verlängerte das Landwirtschaftsamt die Frist für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag um zwei Monate, weil der Vertrag der Siedlungsbehörde zur Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vorzulegen sei. Auf entsprechende Anfrage des Landwirtschaftsamts erklärte der Antragsteller, er sei Landwirt und bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland mit seinen Flächen angemeldet. Das gelte auch für die Krankenversicherung der Landwirte. Er teilte seine Betriebsnummer mit und erklärte, Mitglied im Landesverband L. e.V. Thüringen zu sein. Er betreibe gewerbsmäßig Wildtierhaltung zur Fleischerzeugung und habe zum 1.10.2010 29 Stück Rotwild und 49 Stück Muffelwild gehalten. Er bewirtschafte 18 ha eigene Wiesenflächen und habe darüber hinaus weitere Flächen angepachtet. Er beabsichtige, seinen Nebenerwerb nach Eintritt in den Ruhestand auszuweiten und ihn möglicherweise zum Haupterwerb zu machen. Der Aufforderung der Genehmigungsbehörde vom 30.8.2010, die entsprechenden Angaben und seine steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nachzuweisen sowie ein Betriebskonzept zu dem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb vorzulegen, kam der Antragsteller nicht nach. Mit Schreiben vom 6.10.2010 bekundete die Mutterkuh an der F. GmbH Erwerbsinteresse hinsichtlich der betroffenen Miteigentumsanteile. Dieses Unternehmen bewirtschaftete zum damaligen Zeitpunkt nach seinen unbestrittenen Angaben 178,40 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, die ausschließlich angepachtet sind. Die weitere Beteiligte zu 4. übte mit Schreiben vom 16.11.2010 das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht aus. Die Mitteilung der Erklärung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vom 22.11.2010 wurde dem Antragsteller und dem weiteren Beteiligten zu 6. jeweils am 25.11.2010 zugestellt. Eine Zustellung an die erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, die mit Schriftsatz vom 4.11.2010, beim Landwirtschaftsamt am 5.11.2010 eingegangen, die Vertretung des Antragstellers im Genehmigungsverfahren angezeigt, eine schriftliche Vollmacht aber nicht vorgelegt hatten, ist nicht erfolgt. Mit gleichlautenden Schreiben vom 26.11. bzw. 30.11.2010 teilten die Mutterkuh an der F. GmbH sowie eine P. GmbH mit, das "Vorkaufsrecht nicht mehr in Anspruch nehmen" zu wollen.

Gegen die Mitteilung der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts richtet sich der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung. Er beantragt,

1. unter Abänderung des Bescheids vom 22.11.2010 die Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Grundstückskaufvertrag zu erteilen;

2. festzustellen, dass die weitere Beteiligte zu 4. das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt habe.

Der Antragsteller hält den Anwendungsbereich des Reichssiedlungsgesetzes von vornherein nicht für eröffnet, weil keiner der von dem Antragsteller gekauften Miteigentumsanteile das in § 4 Abs. 1 RSG erforderliche Mindestmaß von 2 ha erreiche. Die in Thüringen geltende Mindestgrenze von 0,25 ha sei verfassungswidri...

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