Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Um einen Verstoß gegen das Recht zum letzten Wort darzutun, muss u.a. dargetan werden, ob der Betroffene am Schluss der Hauptverhandlung anwesend war.

  • 2.

    Eine die Verletzung des Anspruchs auf den Schlussvortrag geltend machende Rechtsbeschwerdebegründung hat sowohl den tatsächlichen Ablauf der Hauptverhandlung als auch den für die Beurteilung der Beachtung des § 258 Abs. 1 StPO maßgeblichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls mitteilen.

 

Verfahrensgang

AG Bad Langensalza (Entscheidung vom 04.05.2004; Aktenzeichen 275 Js 5885/03 - Owi)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Antrag der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 2, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG auf Kosten des Betroffenen verworfen, weil die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund des Rechtsbeschwerdevorbringens keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.

Auf die Ausführungen der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft in ihrer dem Betroffenen zur Kenntnis gegebenen Stellungnahme vom 24.09.2004 wird Bezug genommen.

 

Gründe

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Rüge des Verstoßes gegen § 258 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG ist nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG entsprechend erhoben worden.

Das Recht auf das letzte Wort i. S. d. § 258 Abs. 2 2. Hs., Abs. 3 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG steht nur dem Betroffenen persönlich zu. Es ist also nicht übertragbar, insbesondere nicht auf den Verteidiger (siehe nur Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 258 Rn. 20). Auch bei Abwesenheit des Betroffenen kann der Verteidiger nicht verlangen, außer der Gelegenheit zum Schlussvortrag noch das letzte Wort zu erhalten (KK-Engelhardt, StPO, 5. Aufl., § 258 Rn. 14; Meyer-Goßner, a. a. O., Rn. 20;). Um einen Verstoß gegen das Recht zum letzten Wort darzutun, ist es demnach notwendig mitzuteilen, ob der Betroffene am Schluss der Hauptverhandlung anwesend war.

In der Rechtsbeschwerdebegründung behauptet der Betroffene nicht, an der Hauptverhandlung, in der das Urteil vom 04.05.2004 verkündet wurde, teilgenommen zu haben.

Falls der Rechtsbeschwerdebegründung (S. 11, Bl. 78 d. A.) dahin zu verstehen sein sollte, dass neben der dem Anspruch auf das letzte Wort auch das Recht des Betroffenen und seiner Verteidigerin zum Schlussvortrag gem. § 258 Abs. 1 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG verletzt worden sei, stellt auch dies keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge dar.

Allerdings steht das Recht zum Schlussvortrag - anders als das Recht zum letzten Wort - auch dem Verteidiger selbst zu (siehe nur Meyer-Goßner, a. a. O., Rn. 5), und zwar auch unabhängig davon, ob der von ihm vertretene Betroffene in der Hauptverhandlung anwesend ist oder nicht.

Der Betroffene hat jedoch nicht in einer den §§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, 71 Abs. 1 OWiG entsprechenden Weise Tatsachen behauptet, aus denen sich ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung der Gelegenheit zum Schlussvortrag ergibt. Die Erteilung des Wortes zum Schlussvortrag nach § 258 Abs. 1 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung i. S. d. § 273 Abs. 1 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG (BGHSt 22, 278, 280; Meyer-Goßner, a. a. O., Rn. 31). Die Beobachtung dieser Förmlichkeit kann gem. § 274 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG nur durch das Protokoll bewiesen werden (BGHSt 22, 278, 280; Meyer-Goßner, a. a. O., Rn. 31). Deshalb muss eine die Verletzung des Anspruchs auf den Schlussvortrag geltende machende Rechtsbeschwerdebegründung sowohl den tatsächlichen Ablauf der Hauptverhandlung als auch den für die Beurteilung der Beachtung des § 258 Abs. 1 StPO maßgeblichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls mitteilen. An die Wiedergabe des Inhalts der Sitzungsniederschrift sind dabei strenge Anforderungen zu stellen, weil die Gelegenheit zum Schlussvortrag nicht durch Gerichtsbeschluss oder durch ausdrückliche Erklärung des Vorsitzenden gewährt werden muss, sondern auch durch schlüssiges Verhalten des Gerichts gegeben werden kann (vgl. etwa Meyer-Goßner, a. a. O., Rn. 32).

Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen nicht. Dort heißt es insoweit lediglich:

"Ausweislich des Protokolls hat der Betroffene bzw. die Verteidigerin des Betroffenen das letzte Wort. Dies wurde ihm bzw. ihr nicht gewährt (Protokoll vom 09.05.2004).

Nach Stellung der Beweisanträge und deren Zurückweisung, folgte gemäß Sitzungsprotokoll, das Urteil, ohne dass der Betroffene bzw. seine Verteidigerin die Möglichkeit hatte, von seinem letzten Wort Gebrauch zu machen bzw. weitere Anträge zu stellen und die Aufhebung des Fahrverbotes beispielsweise zu beantragen ..."

Tatsächlich enthält das Verhandlungsprotokoll vom 04.05.2004 auf Bl. 3 (formularmäßige) Eintragungen zu weiteren Beweisanträgen, zum Schluss der Beweisaufnahme, zur Erteilung des letzten Wortes, zu Anträgen des Staatsanwalts, des Verteidigers und des Betroffenen. Den diesbezüglichen Inhalt des Protokolls darf der Senat aber nur dann zur Kenntnis nehmen und würdigen, wenn der Inhalt vom Beschwerdeführer in der Rechtsbeschwerdeb...

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