Normenkette

BGB §§ 1693, 1697, 1779, 1909; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Aktenzeichen 35 F 2261/00)

 

Tenor

Das AG – VormG – Erfurt wird als zuständiges Gericht für das weitere Verfahren (förmliche Bestellung und Genehmigung von Handlungen des Pflegers) bestimmt.

 

Gründe

Mit Antrag vom 25.9.2000 hat der in Erfurt geschäftsansässige Notar M. um die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines von ihm beurkundeten Grundstückskaufvertrages nachgesucht, durch den der Vater des minderjährigen Beteiligten als Mitglied einer Erbengemeinschaft den Verkauf eines Grundstückes vorgenommen hat, jedoch zugunsten dessen Sohnes, des Beteiligten, ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen ist. In der Vorlage war darauf hingewiesen, dass der noch minderjährige Nacherbe durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden müsse, um eine wirksame Bewilligung zur Löschung des Nacherbenvermerkes zu erreichen.

Mit Beschluss vom 15.4.2001 hatte das AG – VormG – zunächst eine Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis des Nachlassverfahrens angeordnet und das Jugendamt als Ergänzungspfleger bestellt, diese Bestellung jedoch wieder aufgehoben.

Das AG – FamG – Erfurt hat mit Beschluss vom 16.8.2002 erneut gem. § 1909 BGB Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt Erfurt zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis der Vertretung bei dem Verkauf der in der notariellen Urkunde genannten Grundstücke bestimmt.

Durch Verfügung vom 22.1.2003 hat das AG – FamG – das Verfahren zur weiteren Bearbeitung an das AG – VormG – Erfurt abgegeben.

Dieses hat sich mit Beschluss vom 27.3.2003 unter Bezugnahme auf §§ 1693, 1697 BGB für sachlich unzuständig erklärt und in den Gründen ausgeführt, dass aufgrund bestehender Sachnähe das FamG allein für die weiteren Genehmigungen der Handlungen des Ergänzungspflegers zuständig sei.

Das AG – FamG – hat mit Beschluss vom 10.4.2003 sich für das weitere Verfahren, die Bestellung, Beratung und Aufsicht des Ergänzungspflegers, einschl. der vorzunehmenden Genehmigungen von dessen Handlungen, sachlich ebenfalls für unzuständig erklärt.

Nach Bekanntgabe der jeweiligen Entscheidungen des VormG und des FamG hat das AG – FamG – die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem OLG vorgelegt.

Das Thüringer OLG ist als gemeinsames oberes Gericht in entspr. Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung des vorliegenden Zuständigkeitsstreites zwischen dem VormG und dem FamG berufen (vgl. BayObLGZ 1994, 91).

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung in Anwendung der genannten Vorschrift sind gegeben.

Eines der beteiligten, seine Zuständigkeit leugnenden, Gerichte hat auf die Zuständigkeitsbestimmung angetragen; § 37 Abs. 1 ZPO.

Beide befassten Gerichte haben sich abschließend i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für unzuständig erklärt, indem sie durch die vorliegenden Beschlüsse ihre Kompetenz verneint und dies den Beteiligten mitgeteilt haben.

Für die Anordnung und Auswahl, Bestellung und nachfolgende Aufsicht und Beratung des Ergänzungspflegers ist für Fälle wie den vorliegenden, in denen der oder die gesetzlichen Vertreter aufgrund gesetzlicher Regelung nicht für ihre Kinder handeln können, auch nach der Neuregelung des § 1697 BGB durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz das VormG zuständig.

Der Senat geht vorliegend davon aus, dass die Anordnung der Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung beim Verkauf der bezeichneten Grundstücke sich auf die von dem Minderjährigen ggü. seinem Vater abzugebende rechtsgeschäftliche Erklärung bezieht, durch die er in die Veräußerung durch den nicht befreiten Vorerben einwilligt.

Insoweit ist die Vertretungsmacht für die Eltern gem. § 1795 Abs. 2 BGB i.V.m. § 181 BGB bzw. § 1795 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.

In der obergerichtlichen Rspr. besteht hinsichtlich der Zuständigkeit für die Bestellung des Ergänzungspflegers, soweit ersichtlich, Einigkeit (s. u.a. BayObLG, Rpfleger 2000, 158 f.; OLG Stuttgart FamRZ 1999, 1601 f.).

Unstreitig dürfte dies auch für die nachfolgende Aufsicht und Beratung des Ergänzungspflegers sein, wenngleich dies in den Entscheidungen kaum thematisiert worden ist.

Unterschiedlich beurteilt wird in den verschiedenen obergerichtlichen Entscheidungen aber die Frage, ob für die Anordnung und die Auswahl des Ergänzungspflegers seit 1.7.1998 eine Doppelzuständigkeit besteht, so dass das VormG nach §§ 1909, 1915 Abs. 1, 1779 BGB befugt ist und das FamG nach § 1697 BGB.

(So BayObLG Rpfleger 2000, 158 f. und OLG Stuttgart FamRZ 1999, 1601 f.; noch weiter gehend OLG Hamm v, 15.8.2000 – 2 UF 320/00, OLGReport Hamm 2001, 197 = FamRZ 2001, 717 ff., wonach sogar eine ausschließliche Zuständigkeit des FamG angenommen wird.)

Dieser Betrachtung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Vielmehr ist bereits nach dem deutlichen Wortlaut des § 1697 BGB eine Zuständigkeit des FamG für die Anordnung einer Vormundschaft oder Pflegschaft und die Auswahl des Vormundes oder Pflegers nur dann gegeben, wenn dieses Erfordernis auf Grund einer (= anderen vorherge...

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