Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortgeltung bewilligter Prozesskostenhilfe bei Wiederaufnahme eines abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Die im Ursprungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe gilt nach Abtrennung und Wiederaufnahme fort.
Normenkette
FGG-EG § 111 Abs. 4; FamFG § 137 Abs. 5
Verfahrensgang
AG Heilbad Heiligenstadt (Beschluss vom 10.06.2010; Aktenzeichen 2 F 180/02) |
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung eines Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nicht veranlasst.
3.Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das AG hatte der Antragstellerin durch Beschluss vom 18.9.2002 Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt M., G., beigeordnet. Durch Urteil vom 21.4.2004 hatte es die Ehe der Parteien geschieden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt und ausgesetzt. Durch Verfügung vom 22.2.2010 hat es das Versorgungsausgleichsverfahren wieder aufgenommen und aktuelle Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt. Unter dem 17.5.2010 hat die Antragstellerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Durch Beschluss vom 10.6.2010 hat das AG den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, Art. 111 Abs. 4 FGG-RG bestimme, dass eine abgetrennte Folgesache als selbständige Familiensache "fortzuführen" sei. Unter dem Gesichtspunkt der Fortführung könne nicht davon ausgegangen werden, dass nunmehr ein neues Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs angestoßen worden und dafür gesonderte Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei. Im Übrigen seien die Rechtsanwaltsgebühren für das Versorgungsausgleichsverfahren bereits abgerechnet worden.
Der Beschluss ist der Antragstellerin zugestellt worden am 11.6.2010. Die Beschwerde der Antragstellerin ist bei Gericht eingegangen am 14.6.2010. Sie macht geltend: Das Verfahren sei seit dem Jahre 2004 nicht mehr betrieben worden. Bei Wiederaufnahme 6 Jahre später handele es sich gebührenrechtlich nicht mehr um dieselbe sondern um eine neue Angelegenheit, so dass Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei.
Durch Beschluss vom 25.6.2010 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Jena zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 76 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO statthaft, insbesondere fristgemäß eingelegt worden.
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist nicht schon deshalb Verfahrenskostenhilfe für das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren zu bewilligen, weil das Verfahren seit 6 Jahren nicht betrieben worden ist. Denn gem. § 15 Abs. 5 RVG fallen nach Ablauf von mehr als 2 Kalenderjahren nur dann erneut Gebühren an, wenn der frühere Auftrag erledigt war. In diesem Fall gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, bei der eine Anrechnung von Gebühren entfällt. Mit der Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens war dieses jedoch nicht erledigt, so dass die Entstehung neuer Gebühren durch reinen Zeitablauf nicht in Betracht kommt.
Im Übrigen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Bewilligung.
Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug durch Beschluss vom 18.9.2002 zuerkannt worden. Gemäß § 624 Abs. 2 ZPO erstreckte sich die bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich. Daran hatte sich auch durch die Abtrennung und Aussetzung des Verfahrens gem. §§ 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG i.V.m. 628 Abs. 1 ZPO nichts geändert. Denn in den Fällen des § 628 ZPO wird lediglich über den Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache entschieden. Die abgetrennte Folgesache behält ihren Charakter als Folgesache. Die Abtrennung eines Folgeverfahrens führt nicht zu einer echten Verfahrenstrennung. Es ergehen vielmehr lediglich zeitlich versetzte Teilentscheidungen in einem einzigen Verfahren. Dem entsprechend sind auch die gem. § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO in diesen Teilentscheidungen ergehenden Kostenaussprüche Teile einer einheitlichen Kostenentscheidung. Dies hat zur Folge, dass auch die bewilligte Prozesskostenhilfe sich auf das abgetrennte Verfahren erstreckt (vgl. OLG Dresden, FamRZ 2002, 1415 f.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.4.2008 - 10 WF 69/08, recherchiert nach juris; Zöller/Phillippi, ZPO, 27. Aufl., § 628 Rz. 19).
Zwar hat sich die Behandlung eines abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahrens durch die Einführung des FamFG und des Versorgungsausgleichsgesetzes ab 1.9.2009 geändert. Gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt waren, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. In diesen Fällen werden vom Verbund abgetrennte Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt.
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