Leitsatz

Das Thüringer OLG hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, ob bei Wiederaufnahme eines abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahrens die zuvor bereits bewilligte Prozesskostenhilfe weiter gilt oder erneut Verfahrenskostenhilfe für das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren zu beantragen ist.

 

Sachverhalt

Das AG hatte der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren bewilligt und ihr einen Anwalt beigeordnet. Durch Urteil vom 21.4.2004 hatte es die Ehe der Parteien geschieden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt und ausgesetzt. Durch Verfügung vom 22.2.2010 wurde das Versorgungsausgleichsverfahren wieder aufgenommen und aktuelle Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt. Mit Datum vom 17.5.2010 hat die Antragstellerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Ihr Antrag wurde vom AG mit der Begründung zurückgewiesen, Art. 111 Abs. 4 FGG-RG bestimme, dass eine abgetrennte Folgesache als selbständige Familiensache "fortzuführen" sei. Unter dem Gesichtspunkt der Fortführung könne nicht davon ausgegangen werden, dass nunmehr ein neues Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs angestoßen worden und dafür gesondert Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei. Im Übrigen seien die Rechtsanwaltsgebühren für das Versorgungsausgleichsverfahren bereits abgerechnet worden.

Gegen diesen Beschluss wehrte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, der Antragstellerin sei nicht schon deshalb Verfahrenskostenhilfe für das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren zu bewilligen, weil das Verfahren seit 6 Jahren nicht betrieben worden sei. Gemäß § 15 Abs. 5 RVG fielen nach Ablauf von mehr als 2 Kalenderjahren nur dann erneut Gebühren an, wenn der frühere Antrag erledigt sei. In diesem Fall gelte die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, bei der eine Anrechnung von Gebühren entfalle. Mit der Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens sei dieses jedoch nicht erledigt gewesen, so dass die Entstehung neuer Gebühren durch reinen Zeitablauf nicht in Betracht komme.

Im Übrigen fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Bewilligung.

Der Antragstellerin sei Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug durch Beschluss vom 18.9.2002 zuerkannt worden. Gemäß § 624 Abs. 2 ZPO erstrecke sich die bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich. Daran habe sich auch durch die Abtrennung und Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG i.V.m. § 628 Abs. 1 ZPO nichts geändert. In den Fällen des § 628 ZPO werde lediglich über den Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache entschieden. Die abgetrennte Folgesache behalte ihren Charakter als Folgesache. Die Abtrennung eines Folgeverfahrens führe nicht zu einer echten Verfahrenstrennung. Es ergingen vielmehr lediglich zeitlich versetzte Teilentscheidungen in einem einzigen Verfahren.

Zwar habe sich die Behandlung eines abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahrens durch die Einführung des FamFG und des Versorgungsausgleichsgesetzes ab 1.9.2009 geändert. Diese Änderungen führten jedoch nicht dazu, dass auch Verfahrenskostenhilfe für das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren neu zu bewilligen sei. Durch die Regelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-RG und den dort enthaltenen Verweis auf die seit 1.9.2009 geltenden Vorschriften habe das Versorgungsausgleichsverfahren seinen Charakter als Folgesache der Ehescheidung nicht verloren.

Nach neuem Recht bleibe ein Versorgungsausgleichsverfahren nach der Abtrennung Folgesache, was in § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG ausdrücklich geregelt sei. Dem stehe die Regelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, wonach alle abgetrennten Folgesachen als selbständige Familiensachen fortzuführen seien, nicht entgegen. Nach der Gesetzesbegründung sei Sinn dieser Regelung, die auch für nach § 2 Abs. 1 VAÜG ausgesetzte Verfahren gelte, lediglich Klarstellung dahingehend, dass zwischen den abgetrennten Folgesachen kein Restverbund mehr bestehe, sondern sie jeweils getrennt zu behandeln seien.

Bleibe das nach neuem Recht zu behandelnde Versorgungsausgleichsverfahren weiterhin Folgesache, erstrecke sich auch die Wirkung der nach altem Recht bewilligten Prozesskostenhilfe auf dieses Verfahren, so dass für eine erneute Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kein Raum sei (vgl. ebenso OLG Braunschweig, Beschl. v. 16.3.2010 - 3 WF 23/10; OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.5.2010 - 15 WF 125/10).

 

Link zur Entscheidung

Thüringer OLG, Beschluss vom 28.07.2010, 2 WF 261/10

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