Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Unzulässigkeit einer (sekundären) Gehörsrüge
Leitsatz (amtlich)
Eine sekundäre Gehörsrüge ist grundsätzlich unzulässig. Denn der Rechtsbehelf des § 321a ZPO ist zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes nur dann erforderlich, wenn sich die Anhörungsrüge gegen eine "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG richtet. Eine solche ist bei einer sekundären Gehörsrüge in aller Regel nicht gegeben.
Es besteht auch kein Bedürfnis nach einer "erweiterten" Zulässigkeit, denn dies würde zu einer endlosen Wiederholung des Abhilfeverfahrens führen, was wiederum jeglicher Prozsswirtschaftlichkeit widerspräche.
Normenkette
ZPO § 321a
Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 06.05.2010; Aktenzeichen 9 O 1606/07) |
Tenor
Die Gehörsrüge des Klägers gegen den Beschluss des OLG Jena vom 6.5.2010 - 4 U 300/09, wird verworfen.
Gründe
I. Das LG Erfurt hat mit Urt. v. 17.3.2009 - 9 O 1606/07, die ausgebrachte Klage abgewiesen. Der Senat hat mit Beschluss vom 26.1.2010 unter Darlegung der Gründe und Setzung einer Äußerungsfrist darauf hingewiesen, dass er erwäge, die Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil des LG Erfurt gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 26.2.2010 Stellung genommen. Im Zurückweisungsbeschluss vom 3.3.2010 ist der Senat unter Beibehaltung seiner Rechtsansicht auf die vom Kläger geltend gemachten Punkte im Wesentlichen eingegangen. Gegen diesen Beschluss ist der Kläger mit der Anhörungsrüge vom 19.3.2010 vorgegangen und hat argumentiert, der Senat sei in den Gründen seiner Entscheidung inhaltlich auf mehrere Argumente des Klägers in seiner Klage- und Berufungsschrift nicht eingegangen. Weiter ist ein Hinweis auf den Inhalt seiner sämtlichen Schriftsätze erster und zweiter Instanz sowie der mündlichen Verhandlungen erster Instanz erfolgt. Es ist angemerkt worden, in allen gefertigten Schriftsätzen erster und zweiter Instanz seien von dem Kläger Rechtsfragen angesprochen worden, ohne dass das LG Erfurt in dem angefochtenen Urteil bzw. der Senat in seinem Beschluss vom 3.3.2010 darauf eingegangen sei.
Mit Beschluss vom 6.5.2010 hat der Senat die Gehörsrüge als unbegründet zurückgewiesen. Hinsichtlich des Begründungsgangs wird auf Band II Blatt 411 ff. d.A. verwiesen,
Gegen diesen, ihm am 10.5.2010 zugestellten, Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 21.5.2010 eingegangenen Gehörsrüge vom selben Tag. Zur Begründung wird ausgeführt, die Anhörungsrüge werde erhoben, weil das OLG als zuständiges Gericht über die Anhörungsrüge vom 19.3.2010 unter Verletzung des Rechts aus Art. 103 GG entschieden habe. Dabei stützt sich der Kläger darauf, dass vorliegend eine eigenständige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Entscheidung über die Anhörungsrüge vom 19.3.2010 vorliege. Unter Hinweis auf NJW 2008, 923 wird die Auffassung vertreten, eine solche sekundäre Anhörungsrüge sei zulässig.
II. Die form- und fristgemäß eingelegte Anhörungsrüge ist gem. § 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO unzulässig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (etwa BGH NJW 2008, 923 f.).
Es wird vertreten, auch "sekundäre Gehörsrügen", d.h. die Rüge, das Gericht habe über die Gehörsrüge unter Verletzung des Rechts aus Art. 103 GG entschieden, seien grundsätzlich zulässig (Prütting/Gehrlein-Thole, ZPO, § 321a Rz. 8 unter Bezugnahme auf Rüdiger Zuck, Rechtliches Gehör im Zivilprozess - Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten nach dem Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes, NJW 2005, 1226 ff., 1228 und Bernd Sangmeister, "Oefters todtgesagt bringt langes Leben" - Doch noch ein (kleiner) Hoffnungsschimmer für die Anhörungsrüge?, NJW 2007, 2363 ff., 2364). Allerdings sei die Rüge unzulässig, wenn sie sich darauf beschränke, bereits in der Vorinstanz erfolgte Gehörsverletzungen geltend zu machen; es bedürfe der Geltendmachung "neuer" und "eigenständiger" Verletzungen im Rügeverfahren (unter Bezugnahme auf BGH WRP 2008, 956, 957 Tz. 6; NJW 2008, 923 f., Tz. 5; soweit die Verletzung gerade aus dem Übergehen des Parteivorbringens im Rügeverfahren hergeleitet werde, dürfe dies aber bei entsprechender Substantiierung für die Zulässigkeit genügen).
Weiter wird ausgeführt, mit einer sekundären Anhörungsrüge, die sich gegen die Nichtbescheidung bestimmter Verfahrensrügen im Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde richte, könne eine Begründungsergänzung zu dem Beschluss über die Ablehnung der Beschwerde nicht erreicht werden (BGH NJW-RR 2006, 63,64); die Gehörsrüge sei ohne die Geltendmachung neuer und eigenständiger Gehörsverletzungen schon nicht zulässig (Prütting/Gehrlein-Thole, a.a.O., wie vor, Rz. 16 unter Bezugnahme auf BGH WRP 2008, 956; Rz. 8).
Der Beschluss über die Verwerfung oder Zurückweisung der Rüge sei ausweislich Abs. 4 Satz 4 unanfechtbar. Er könne aber bei neuen und eigenständigen Gehörsverletzungen im Rügeverfahren seinerseits zum Gegenstand einer weiteren Rüge gemacht werden (Prütti...