Verfahrensgang
AG Arnstadt (Entscheidung vom 15.04.2010; Aktenzeichen 992 Js 202445/09 - 2 OWi) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Arnstadt vom 15.04.2010 wird aufgehoben.
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I. Der Betroffenen wird vorgeworfen, am 30.04.2009 gegen 18.38 Uhr auf der Bundesautobahn 71 in Richtung Erfurt bei Kilometer 113,45 als Führerin des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen H die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 43 km/h überschritten zu haben. Wegen dieser Verkehrsordnungswidrigkeit wurde gegen die Betroffene mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle der Thüringer Polizei vom 23.06.2009 eine Regelgeldbuße von 160,- € sowie ein einmonatiges Regelfahrverbot festgesetzt. Auf den hiergegen form- und fristgerecht erhobenen Einspruch der Betroffenen wurde die Akte nach § 69 Abs. 3 Satz 1 OWiG an das Amtsgericht Arnstadt übersandt, wo sie am 23.09.2009 einging. In ihrer Übersendungsverfügung an das Amtsgericht teilte die Staatsanwaltschaft Erfurt mit, dass sie einer Entscheidung durch Beschluss nicht widerspreche.
Mit Verfügung vom 07.01.2010 fragte die zuständige Tatrichterin unter Vorlage der Akte bei der Staatsanwaltschaft Erfurt an, ob im Hinblick auf ein von ihr angenommenes Beweisverwertungsverbot bezüglich der mittels des Messsystems VKS 3.01 hergestellten Videoaufzeichnungen einer Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG zugestimmt werde. Mit Verfügung vom 23.02.2010 sandte die Staatsanwaltschaft Erfurt unter Verweigerung der Zustimmung die Akte an das Amtsgericht zurück, wo sie am 01.03.2010 einging.
Mit Beschluss vom 15.04.2010 hat das Amtsgericht Arnstadt die Betroffene mit der Begründung freigesprochen, der Verkehrsverstoß könne ihr nicht nachgewiesen werden, weil das von der Verkehrsüberwachungsanlage aufgezeichnete Beweisvideo wegen Verstoßes gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unverwertbar sei.
Gegen den ihr am 20.04.2010 zugestellten Beschluss hat die Staatsanwaltschaft Erfurt am 22.04.2010 Rechtsbeschwerde erhoben und diese am 07.05.2010 mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet. Mit der Verfahrensrüge beanstandet die Staatsanwaltschaft, die Tatrichterin habe ihre Aufklärungspflicht nach § 77 OWiG verletzt, indem sie wegen eines zu Unrecht angenommenen Beweisverwertungsverbots von der Inaugenscheinnahme des Beweisvideos zum Nachweis der von der Betroffenen begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit abgesehen habe.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 06.09.2010 beantragt, auf die Rechtsbeschwerde den angefochtenen Beschluss mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Arnstadt zurückzuverweisen.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthaft, form- und fristgerecht erhoben und mit der in allgemeiner Form erhobenen Sachrüge und der entsprechend den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2, 345 StPO ausgeführten Verfahrensrüge auch form- und fristgerecht begründet worden.
2. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Einstellung des Verfahrens, da das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung vorliegt.
a) Verfahrensvoraussetzungen und Verfahrenshindernisse sind Umstände, die so schwer wiegen, dass von ihrem Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein die Zulässigkeit des Verfahrens im Ganzen abhängt und die nicht nur im Interesse des Betroffenen, sondern auch im allgemeinen Interesse gegeben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2000, 2 StR 56/00, bei juris m.w.N.). Das Vorliegen von Verfahrenshindernissen ist auf ein zulässiges Rechtsmittel, auch wenn dieses - wie hier - zuungunsten des Betroffenen von der Staatsanwaltschaft eingelegt worden ist, durch das Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen. Ist dem Rechtsmittelgericht aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels die Prüfung der angefochtenen Entscheidung eröffnet, untersucht es von Amts wegen nicht nur, ob im Anschluss an diese Entscheidung Verfahrenshindernisse eingetreten sind, sondern auch, ob der Tatrichter Verfahrenshindernisse übersehen oder zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGHSt 16, 115; BGH, aaO.; OLG Koblenz, Beschluss vom 12.08.2008, 2 Ss Bs 54/08, bei juris; OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.10.2008, Ss 337/08, bei juris). Für den besonderen Fall der Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen wird dies durch die Regelung des § 80 Abs. 5 OWiG bestätigt, der (nur) für die Fälle der zulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde eine beschränkte Berücksichtigung von Verfahrenshindernissen vorsieht. Aus dieser Ausnahmeregelung folgt, dass umgekehrt in den Fällen der nicht zulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde Verfahrenshindernisse (auf eine zulässige Rechtsbeschwerde) ohne Beschränkung zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Oldenburg, aaO.).
b) Im vorliegenden Fall liegt das Verfahrenshindern...