Leitsatz (amtlich)
Zu dem für die Versagung der Versicherungsleistung nach § 12 Abs. 4 der Allgemeinen Bedingungen für die Erweiterte Haushaltsversicherung (ABEH) erforderlichen Zusammenhang des Versicherungsfalls mit einer vorsätzlichen Straftat, wenn die vorsätzliche Straftat begangen worden ist, um eine andere Straftat zu ermöglichen und diese Straftat ursächlich ist für die Schadensfolge.
Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 24.10.2005; Aktenzeichen 8 O 1350/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Gründe
Das LG hat durch Beschl. v. 24.10.2005 den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zurückgewiesen.
Seine dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insb. ist sie fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet.
Das LG hat den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussichten zurückgewiesen.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO, wenn es aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als möglich erscheint, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 114 Rz. 19). Dies ist hier nicht der Fall.
Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin keinen Freistellungsanspruch aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag, weil die Antragsgegnerin gem. § 12 der Allgemeinen Bedingungen für die Erweiterte Haushaltsversicherung (ABEH) leistungsfrei ist.
Es kann dahingestellt bleiben, ob dem LG darin zu folgen ist, dass hier - auch - die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 ABEH vorliegen. Denn jedenfalls war die Antragsgegnerin gem. § 12 Abs. 4 ABEH berechtigt, die Versicherungsleistung ganz zu versagen.
§ 12 Abs. 4 ABEH setzt voraus, dass der Versicherungsfall als Folge oder im Zusammenhang mit einer vorsätzlichen Straftat des Versicherungsnehmers oder der Versicherten eintritt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Anders als das LG sieht der Senat die strafbare Handlung hier aber nicht in der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (§ 308 StGB), sondern in der vom Antragsteller begangenen gefährlichen Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Ziff. 5 StGB Diese Straftat ist eine solche i.S.d. § 12 Abs. 4 ABEH. Es kommen nur strafbare Handlungen in Betracht, die ihrer Art nach eine Erhöhung der Haftpflichtgefahr mit sich bringen, bei der also das geschützte Rechtsgut die Unversehrtheit von Personen oder Sachen ist (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, HaushaltVers[Haftpfl] § 12 Rz. 17). Es liegt auf der Hand, dass dies bei einer gefährlichen Körperverletzung der Fall ist.
Als Folge dieser Straftat ist der Versicherungsfall eingetreten. Hinsichtlich der Schadensfolgen ist kein Vorsatz erforderlich (Voit/Knappmann, in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, HaushaltVers[Haftpfl] § 12 Rz. 16). Für das Tatbestandsmerkmal "als Folge oder im Zusammenhang mit" genügt Mitursächlichkeit, wenn sie nicht ganz geringfügig ist (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, HaushaltVers[Haftpfl] § 12 Rz. 18). Der erforderliche Zusammenhang ist ein innerer (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, HaushaltVers[Haftpfl] § 12 Rz. 17). Ein solcher Zusammenhang liegt hier vor. Gegenstand des Versicherungsfalls sind die Verbrennungen, Frakturen und weiteren Gesundheitsschäden, die der Zeuge A. erlitten hat. Hierfür war die vom Antragsteller herbeigeführte Sprengstoffexplosion ursächlich. Diese wiederum steht in einem inneren Zusammenhang mit der gefährlichen Körperverletzung, weil der Antragsteller die gefährliche Körperverletzung begangen hat, um die Sprengstoffexplosion zu ermöglichen. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts (S. 6 des Urteils) hat er seine damalige Ehefrau bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, um zu verhindern, dass sie seinen spontan gefassten Plan, das Haus mittels einer Gasexplosion zu zerstören, entgegentrete. Daraufhin begab er sich in den Keller, löste einen Blindstopfen an dem Gaszuleitungsrohr und ließ das Gas ausströmen.
Die Antragsgegnerin war auch berechtigt, die Versicherungsleistung ganz zu versagen. Gänzliche Versagung ist nach billigem Ermessen zu prüfen, wobei Teilversagung zulässig ist. Die gänzliche Versagung kann unangemessen sein, wenn der Täter die Folge nicht, auch nicht fahrlässig verschuldet hat, ebenso dann, wenn bei einer leichteren Straftat ein nicht gewollter Erfolg eintritt, der außer Verhältnis zu dem Unrechtsgehalt der Tat steht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, HaushaltVers[Haftpfl] § 12 Rz. 18). Die gänzliche Versagung war hier nicht unangemessen. Die gefährliche Körperverletzung war keine leichte Straftat, weil sie eine Sprengstoffexplosion ermöglichen sollte, und sämtliche F...