Gründe
I.
Gegen den ehemaligen Verfolgten war beim Thüringer Oberlandesgericht ein Auslieferungsverfahren wegen der Auslieferung zur Strafvollstreckung an die Republik Moldawien anhängig. Der Senat hatte mit Beschluss vom 09.10.2006 die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet, mit Beschluss vom 01.11.2006 Einwendungen des Verfolgten gegen den Auslieferungshaftbefehl zurückgewiesen und sodann mit Beschluss vom 13.11.2006 die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. Mit Beschluss vom 25.01.2007 erklärte der Senat die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Moldawien für unzulässig. Die dem Verfolgten entstandenen notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt.
Rechtsanwältin P. wurde vom Verfolgten am 17.10.2006 mit der Vertretung im Auslieferungsverfahren beauftragt und nahm mit ihm an vier gerichtlichen Terminen bei dem Amtsgericht Suhl, in welchem der Verfolgte nach § 28 IRG vernommen wurde, teil.
Für ihre Tätigkeit machte sie in ihrer mit Schriftsatz vom 06.02.2007 beim Thüringer Oberlandesgericht beantragten Kostenfestsetzung der entstandenen Gebühren und Auslagen u.a. eine Verfahrensgebühr nach Nr. 6100 VVRVG in Höhe von 330,00 EUR sowie vier Terminsgebühren nach Nr. 6101 VVRVG zu je 445,00 EUR geltend.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.02.2007 setzte die Rechtspflegerin beim Thüringer Oberlandesgericht die dem Verfolgten an die Rechtsanwältin P. zu erstattende Verfahrensgebühr nach Nr. 6100 VVRVG in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühr (580,00 EUR) fest und lehnte die Festsetzung der beantragten vier Terminsgebühren mit dem Gesamtbetrag von 1.780,00 EUR ab.
Auf die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Rechtsanwältin hat der Senat mit Entscheidung vom 14.05.2007 festgestellt, dass für die Teilnahme an den Terminen nach § 28 IRG jeweils eine Gebühr nach Nr. 6101 VVRVG entstanden ist, und hat die Verfahrensgebühr sowie die Terminsgebühren in Höhe der insoweit jeweils beantragten Mittelgebühr festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 06.08.2007 hat die Rechtsanwältin sodann Antrag auf Bewilligung einer angemessenen Pauschvergütung nach § 42 RVG gestellt.
Mit Stellungnahme vom 20.08.2007 hat sich der Bezirksrevisor bei dem Thüringer Oberlandesgericht für die Zurückweisung dieses Antrages ausgesprochen.
II.
Der nunmehr gestellte Antrag auf Feststellung einer angemessenen Pauschgebühr ist unzulässig.
Während ein Antrag nach § 51 RVG auch noch dann gestellt werden kann, wenn die gesetzlichen Gebühren bereits festgesetzt oder sogar schon ausgezahlt worden sind (vgl. Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 51 Rdnr. 58), ist die nachträgliche Feststellung einer Pauschgebühr gemäß § 42 RVG für den Wahlverteidiger auf Grund der bestehenden Besonderheiten nicht mehr möglich.
Das Verfahren nach § 42 RVG ist - anderes als es § 51 RVG für die Pauschgebühr des gerichtlich bestellten Rechtsanwalts vorsieht - beschränkt auf die Feststellung der Höhe der Gebühr durch das Oberlandesgericht. Einwendungen, die z.B. den Grund der Vergütungsforderung betreffen, werden in diesem Verfahren nicht geprüft (Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 42 Rdnr. 18). Die Festsetzung der Vergütung unter Einschluss der Auslagen erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften in den darin vorgesehenen Verfahren (vgl. BR-Drucksache 15/1971, S. 198).
Gemäß § 42 Abs. 4 RVG ist die Feststellung der Pauschgebühr durch das Oberlandesgericht für das Kostenfestsetzungsverfahren, das Vergütungsfeststellungsverfahren nach § 11 RVG und für einen Rechtsstreit des Rechtsanwalts auf Zahlung der Vergütung sodann bindend. Damit soll vermieden werden, dass in einem dieser Verfahren nachträglich divergierende Entscheidungen ergehen. Zudem sollen die mit dieser Entscheidung befassten Stellen nicht mehr die Frage des "besonderen Umfangs" oder der "besonderen Schwierigkeit" entscheiden müssen, sondern können ihrer Entscheidung die Feststellung des Oberlandesgerichts zugrunde legen, was der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung dient (vgl. BR-Drucksache 15/1971, S. 199).
Die Folge dieser in § 42 Abs. 4 RVG statuierten Bindungswirkung ist, dass der Wahlverteidiger die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragen muss, in dem die durch das Oberlandesgericht getroffene Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann. Denn nur so kann in dem zweistufigen Verfahren zu einem vollstreckbaren Gebührentitel die festgestellte Pauschvergütung Bindungswirkung entfalten, können divergierende Entscheidungen vermieden und die angestrebte Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung erreicht werden.
Wird der Antrag erst gestellt, nachdem ein Kostenfestsetzungsverfahren bereits durch förmlichen Festsetzungsbeschluss zum Abschluss gelangt ist, kommt ein nachgeschobener Antrag auf Pauschvergütung im Blick auf ein erneutes Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 2657883 |
JurBüro 2008, 82 |
ZAP 2008, 822 |
NStZ-RR 2008, 96 |
AGS 2008, 174 |
RVGreport 2008, 25 |
StRR 2008, 158 |
RVG prof. 2008, 76 |