Verfahrensgang
LG Erfurt (Aktenzeichen 10 O 983/14) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 05.08.2020 abgeändert.
Das Befangenheitsgesuch der Beklagten gegen den Sachverständigen Dr. med. E. ... wird für begründet erklärt.
2. Der Beschwerdewert wird auf 52.402 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche der bei ihr gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Person ... - welche zwischenzeitlich verstorben ist - geltend. Sie behauptet, dass durch eine fehlerhafte Behandlung ihrer versicherten Person bei der Beklagten diese erheblich geschädigt worden sei. Aufgrund der eingetretenen Schädigung habe sie als Pflegeversicherung für eine vollstationäre Pflege insgesamt 30.581,30 EUR und als Krankenversicherung 126.623,92 EUR aufwenden müssen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.02.2015 Beweis über die dort näher bezeichneten Behauptungen der Klägerin durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens erhoben und mit weiterem Beschluss vom 13.04.2015 Dr. med. E.... zum Sachverständigen bestimmt.
Nachdem der Sachverständige sein Gutachten unter dem 28.11.2015 erstattet hat, beantragte die Beklagte, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Mit weiterem Schriftsatz vom 14.06.2016 legte sie ein außergerichtliches Gutachten des Prof. Dr. med. N. vor, welches aus Sicht der Beklagten zu einem anderen Ergebnis gelangt sei.
Mit Verfügung vom 03.09.2016 hat das Landgericht zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 01.02.2017 anberaumt und den Sachverständigen zum Termin geladen. Der Termin wurde sodann (offensichtlich telefonisch) am 30.01.2017 aufgehoben; ein neuer Termin nicht bestimmt.
Mit Beschluss vom 21.09.2017 wies das Landgericht die Beteiligten darauf hin, dass es der Beiziehung der Behandlungsunterlagen bedürfe und die Klägerin deshalb aufgefordert wurde, entsprechende Schweigepflichtsentbindung seitens des Versicherten vorzulegen.
Mit weiterem Beschluss vom 23.05.2018 hat das Landgericht nach Beiziehung der Behandlungsunterlagen ergänzend Beweis über die Behauptung der Klägerin erhoben, dass durch die nicht indizierte Operation am 28.07.2009 und die fehlerhafte Nachsorge es bei dem Versicherten zu Ulzerationen im Fußbereich und einer finalen Amputation des Unterschenkels gekommen sei. Zum Sachverständigen wurde ebenfalls Dr. med. E. bestellt.
Nach Eingang des Gutachtens am 07.12.2018 beantragte die Beklagte erneut, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Dem kam das Landgericht mit Verfügung vom 29.04.2019 auch nach und beraumte einen Verhandlungstermin auf den 15.01.2020 an, welcher auf Antrag der Beklagten auf den 26.02.2020 verlegt wurde. Mit Schreiben vom 30.04.2019 wurde der Sachverständige sodann (nochmals) aufgefordert, gemäß Beweisbeschluss vom 09.02.2015 ein schriftliches Sachverständigengutachten zu erstatten. Nach Hinweis des Sachverständigen, dieses bereits am 28.11.2015 erstattet zu haben, wurde klargestellt, dass lediglich um eine ergänzende Stellungnahme entsprechend der Ladungsverfügung vom 29.04.2019 gebeten werde.
Nach Übermittlung der ergänzenden Stellungnahme vom 15.11.2019 hat die Beklagte den Sachverständigen innerhalb der verlängerten Stellungnahmefrist wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie führt zur Begründung an, die Ausführungen würden belegen, dass der Sachverständige offensichtlich mit deutlichen Ressentiments gegenüber der Beklagten seine Begutachtung durchführe. Soweit der Sachverständige darlege, dass die Beklagte Befunde unterschlage, offensichtlich ihr Behandlungsziel verfehlt habe und zum Ausdruck bringe, dass die Dokumentation nur von minderer Bedeutung sei, damit die Dokumentation schlichtweg negiere, müsse für eine verständige Partei der Eindruck entstehen, der Sachverständige setze sich nicht unvoreingenommen mit der Materie auseinander.
Der Sachverständige hat mit Schreiben vom 21.01.2020 den Vorwurf der Befangenheit zurückgewiesen. Er verwies unter anderem darauf, dass keine Ressentiments gegenüber der Einrichtung der Beklagten bestünden. So habe er die Einrichtung nie betreten und zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens Kontakt zu einem Mitarbeiter der Klinik gehabt. Allerdings habe er mit dem Hauptoperateur der streitgegenständlichen Eingriffe in den Jahren 1996 bis 2007 am Universitätsklinikum Jena in gleichberechtigter (1996-2002) sowie diesem gegenüber in vorgesetzter Position (ab 2003) zusammengearbeitet. Im Übrigen spiele die Einrichtung der Beklagten in seiner beruflichen Realität keine Rolle.
Dies nahm die Beklagte zum Anlass, den Sachverständigen auch wegen der nunmehr mitgeteilten Nähe zum Hauptoperateur abzulehnen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 05.08.2020, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, das Befangenheitsgesuch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass bereits...