Leitsatz (amtlich)

Bankguthaben, das zur Deckung des Lebensbedarfes bestimmt ist, stellt kein Vermögen dar im Sinne des Prozesskostenhilfe dar.

Die Kosten einer Prozessführung sind keine Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern Hilfe in sonstigen Lebenslagen i.S.d. § 73 SGB XII (9. Kapitel/SGB XII).

Bankguthaben, die auf Einkünften beruhen, die - wie der Arbeitsverdienst - zur Deckung des laufenden Bedarfes für einen bestimmten Zeitraum bestimmt sind, sind aber nicht als Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO anzusehen, sondern gehören zum Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO. Es ist auf den Bestimmungszweck der Zuwendung abzustellen. Ist sie für die Deckung des Lebensbedarfes in einem bestimmten Zeitraum bestimmt, stellt sie Einkommen dar.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 2, 1 S. 1, § 115 S. 22

 

Verfahrensgang

AG Heilbad Heiligenstadt (Beschluss vom 26.07.2012; Aktenzeichen 1 F 587/12)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt zurückverwiesen.

2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

Die Senatsentscheidung richtet sich gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach dem seit dem 1.9.2009 geltenden Recht.

Die gem. § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO vom Einzelrichter zu bescheidende, nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der angefochtene Beschluss ist wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache gem. § 572 ZPO zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen. Denn das AG hat sich mit dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar auseinandergesetzt.

Nach der Rechtsprechung des Senates hat das erstinstanzliche Gericht gem. § 572 ZPO der Beschwerde, wenn es sie für begründet erachtet, abzuhelfen, andernfalls die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen. In jedem Fall besteht die Amtspflicht des Gerichts, dessen Entscheidung angefochten wird, zunächst zu prüfen, ob die Beschwerde begründet ist (Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 572 Rz. 4; vgl. OLG Jena FamRZ 2010, 1692-1693). Dabei sind mit Rücksicht auf § 571 ZPO vorgebrachte neue Tatsachen zu beachten und in die Prüfung einzubeziehen (OLG Hamm MDR 1988, 871; OLG Köln FamRZ 1986, 487). Denn mit § 571 ZPO wird der Zweck verfolgt, die Kosten verursachende Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden, wenn gebotene Korrekturen der Erstentscheidung unschwer durch das Erstgericht selbst vorgenommen werden können (Zöller/Heßler, a.a.O., § 572 Rz. 1).

Lediglich Endentscheidungen in Familiensachen (§ 68 Abs. 1 S. 2 FamFG) werden von der Abhilfemöglichkeit ausgenommen (Meysen/Finke, FamFG, § 68 Rz. 2).

Hilft das erstinstanzliche Gericht der Beschwerde nicht ab, so ist diese Entscheidung jedenfalls dann zu begründen, wenn in der Beschwerde neue Tatsachen oder Gesichtspunkte vorgetragen werden, die das Erstgericht für widerlegt oder unerheblich hält (OLG Köln FamRZ 1986, 487; Zöller/Heßler, a.a.O., § 572 Rz. 7). Eine solche Begründung darf sich nicht darin erschöpfen, auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses zu verweisen (OLG Hamm MDR 1991, 452; Zöller/Heßler, a.a.O., § 572 Rz. 11). Denn dann ist nicht erkennbar, dass sich das Erstgericht mit dem maßgeblichen materiellen Vorbringen überhaupt befasst hat (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 349, 350). Da in einem solchen Fall die maßgeblichen Ausführungen des Beschwerdeführers völlig übergangen werden (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1098 [1099]; Zöller/Heßler, § 572 Rz. 27 f.) liegt ein erheblicher Verfahrensmangel vor, der die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht und die Zurückverweisung an das Gericht der ersten Instanz gebietet. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend der Beschluss des AG aufzuheben und die Sache zur erneuten Befassung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, die gesetzliche Vertreterin verfüge über ein Guthaben auf dem Girokonto i.H.v. 4600 EUR. Der V.-Vertrag dürfte auch ein Guthaben aufweisen, sei jedoch trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Kontoauszüge des weiteren Kontos bei der Kreissparkasse seien auch nicht vorgelegt. Die Kindesmutter sei jedenfalls vorschusspflichtig.

Der Pkw sei im Übrigen nicht anrechenbar, da er zurzeit nicht zur Berufsausübung benötigt werde. Essensgeld der Kinder falle unter deren Freibetrag.

Mit der Beschwerde vom 30.7.2012 trägt der Antragsteller vor, es unrichtig, dass kein V.-Vertrag vorgelegt worden sei. Wie der Anlage 19 zu entnehmen sei, sei ein solcher Vertrag überreicht worden sowie ein aktueller Kontoauszug des Bausparkontos, welcher das Guthaben i.H.v. 304,67 EUR aufweise.

Es seien Kontoau...

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