Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 25.03.2010; Aktenzeichen 2 HKO 217/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil des LG Erfurt vom 25.3.2010 - 2 HKO 217/09, wird zurückgewiesen.
Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Begründetheit des Anspruchs an das LG zurück verwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Fahrzeugpflege und Fahrzeugaufbereitung, insbesondere Lackreparaturen. Die Klägerin macht eine Vertragsstrafeforderung und außergerichtliche Kostenerstattung geltend. Grundlage der Vertragsstrafeforderung ist die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten vom 18.8.2008 (Anlage K 1). Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe die versprochene Vertragsstrafe verwirkt, weil sie auf den Internetseiten www.xxx.de bzw. www.xxx.de nach wie vor mit ihrer Marktführerschaft werbe. Sie hat eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.000 EUR nebst außergerichtlicher Kosten i.H.v. 411,30 EUR und Zinsen verlangt und insoweit Klage beim LG - Kammer für Handelssachen - erhoben. Wegen des Weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Zwischenurteil Bezug genommen. Die Beklagte hat die (sachliche) Zuständigkeit des LG gerügt und geltend gemacht, die Vertragsstrafe sei nicht verwirkt worden. Das LG - Kammer für Handelssachen - hat mit Zwischenurteil vom 25.3.2010 seine Zuständigkeit bejaht. Gegen die am 29.3.2010 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte mit einem am 12.4.2010 beim LG eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat diese dem OLG vorgelegt, wo die Akten am 20.4.2010 eingegangen sind.
Die Beklagte beantragt, das angegriffene Urteil aufzuheben und festzustellen, dass das LG Erfurt - Kammer für Handelssachen - für diesen Rechtsstreit nicht zuständig ist.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit an das AG Erfurt zu verweisen.
II. Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel der Beklagten ist zwar als sofortige Beschwerde bezeichnet und beim LG eingelegt worden. Es ist aber innerhalb der Berufungsfrist beim OLG eingegangen (BGH VersR 1987, 48) und vom Senat als Berufung behandelt worden. Das fälschlich bezeichnete Rechtsmittel konnte wegen des klar erkennbaren Rechtsschutzziels auch ausnahmsweise als Berufungseinlegung umgedeutet werden (§ 140 BGB entspr.).
Das LG ist zur Entscheidung sachlich zuständig (§ 13 Abs. 1 UWG). § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG findet auch auf klageweise geltend gemachte Ansprüche Anwendung, die eine Vertragsstrafe aufgrund eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsvertrages betrifft.
Allerdings ist die Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG auf solche Sachverhalte umstritten. Teilweise wird dies wegen des Wortlautes von § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG verneint (OLG Rostock GRUR-RR 2005, 176; Ahrens/Bähr Kap. 17 Rz. 37; Köhler/Bornkamm § 13 UWG Rz. 2; Harte/Henning/Retzer § 13 UWG Rz. 11; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 13 Rz. 2; Gloy/Loschelder/Spätgens § 85 Rz. 9 (abweichend von der Vorauflage); Hess FS Ullmann 2006, S. 927, 934; Rieble JZ 2009, 716).
Demgegenüber wird insbesondere unter Betonung des Normzwecks die Anwendbarkeit von § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG auf Vertragsstrafeansprüche bejaht (Ehricke in MünchKomm/UWG § 13 Rz. 10; Fezer/Büscher § 13 UWG Rz. 7; Piper/Ohly/Sosnitza § 13 UWG Rz. 2; Ottofülling in MünchKomm/UWG § 12 Rz. 270; Goldbeck WRP 2006, 37; für eine entsprechende Anwendung Lindacher FS Ullmann 2006, S. 977, 978; mit Einschränkungen auch Teplitzky Kap. 45 Rz. 5).
Der Senat folgt mit dem LG der letztgenannten Auffassung. Die endgültige Neuformulierung von § 13 Abs. 1 UWG durch das UWG 2004 beruhte auf den beiden Erwägungen des Gesetzgebers, zum einen um UWG-spezifischen Arbeitsaufwand bei den AG zu vermeiden und zum anderen einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen Zuständigkeitsvorschriften im gewerblichen Rechtsschutz (§§ 140 Abs. 1 MarkenG, 52 Abs. 1 GeschmMG, 27 Abs. 1 GebrMG, 143 Abs. 1 PatG, 6 Abs. 1 UKlaG) herzustellen (vgl. BT-Drucks. 15/1487, 36, 44). Die Zuständigkeitskonzentration bei den LG muss deshalb nicht nur für Ansprüche gelten, die die Erstattung von Abmahnkosten betreffen, und deren Anspruchsgrundlage im UWG selbst erwähnt ist ("kleiner Wettbewerbsprozess"), sondern auch für Vertragsstrafeansprüche und Aufwendungsersatzansprüche, die lediglich aufgrund einer analogen Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet sind (z.B. Kosten für Abschlussschreiben).
Zuständigkeitsregelungen im sonstigen gewerblichen Rechtsschutz (z.B. § 140 Abs. 1 MarkenG) betreffen nach gefestigter Auffassung (bei allerdings leicht abweichender Formulierung) stets auch Vertragsstrafeansprüche (vgl. nur OLG München GRUR-RR 2004, 190 m.w.N.; Ströbele/Hacker § 140 MarkenG Rz. 5). Ein angestrebter inhaltlicher Gleichklang erfordert daher auch bei § 13 Abs. 1...