Leitsatz (amtlich)
1. Die in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auftraggebers enthaltene Verpflichtung, zur Sicherung von Erfüllungsansprüchen des Auftraggebers eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 BGB n.F.) und ist daher unwirksam.
2. Bei Altverträgen, die vor dem 31.12.2002 geschlossen worden sind, ist der lückenhafte Vertrag dahin gehend ergänzend auszulegen, dass der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet. In diesem Fall kann eine von dem Bürgen geleistete Zahlung nicht schon deshalb zurückgefordert werden, weil nach ergänzender Vertragsauslegung nur eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gestellt werden musste.
3. Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern hat im Rückforderungsprozess der Auftraggeber das Bestehen und die Höhe der durch Bürgschaft gesicherten Forderung darzulegen und zu beweisen.
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 29.11.2001; Aktenzeichen 6 O 247/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten vom 3.1.2002 gegen das Urteil des LG Gera vom 29.11.2001 - Az.: 6 O 247/01 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000 DM.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages i.H.v. 142.100 DM aus einer von der Gemeinschuldnerin ggü. der Beklagten gestellten Vertragserfüllungsbürgschaft geltend.
Der Kläger wurde mit Beschluss des AG Köln vom 1.2.2002 - Az.: 72 IN 452/01 - zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. (im Folgenden: G. oder Gemeinschuldnerin genannt) bestellt.
Die G. war neben der E. GmbH Gesellschafterin der A. E. B. Der A.-Vertrag wurde unter dem 7.10.1999 geschlossen. Über das Vermögen der E. GmbH wurde durch Beschluss des AG Charlottenburg vom 1.1.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Schon während des vorhergehenden vorläufigen Insolvenzverfahrens hat die G. ggü. der Gesellschafterin E. GmbH den A.-Vertrag gekündigt.
Die A. schloss mit der Beklagten am 6.7.1999 einen Nachunternehmervertrag für das Bauvorhaben "Neubau K." für das Gewerk Elektroarbeiten zum Pauschalpreis von brutto 5.684.000 DM. Als Fertigstellungstermin war ausweislich des Vertrages der 31.8.2000 vereinbart. In Ziff. 7 des Vertrages war für jeden Tag der vom Auftragnehmer zu vertretenden Überschreitung der vereinbarten Vertragsfristen pro Tag eine Vertragsstrafe von 0,5 %, maximal jedoch 10 % der Bruttoauftragssumme, vorgesehen. Nach Ziff. 12 des Vertrages war für die fachgerechte Ausführung der übertragenen Leistungen eine unbefristete Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.v. 10 % der Bruttoauftragssumme einer deutschen Großbank gemäß den Musterformularen des Auftraggebers zu stellen und spätestens 3 Wochen nach Auftragserteilung vorzulegen. Nach Ziff. 13 des Vertrages war neben den zusätzlichen Vertragsbedingungen des Auftraggebers, also der Beklagten, die Geltung der VOB/B und C. in der zur Zeit des Vertragsschlusses gültigen Fassung vereinbart.
In den zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten waren folgende Klauseln enthalten:
"8.1.
Auf Verlangen des AG hat der AN binnen 18 Werktagen nach Vertragsschluss zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Ausführung der Leistung eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft i.H.v. 10 % der Bruttoauftragssumme zu stellen (Vertragserfüllungsbürgschaft nach Musterformular des Arbeitgebers). (...)
8.2.
Der Auftraggeber AG ist berechtigt, für die Dauer der Gewährleistung 5 % der Bruttoabrechungssumme einzubehalten.
8.3.
Der AN ist berechtigt, den Einbehalt durch Stellung einer Bankbürgschaft in gleicher Höhe (Gewährleistungsbürgschaft) abzulösen, die auch die Rückgabe etwaiger Überzahlungen sichern muss.
8.4.
Zur Annahme einer Bürgschaft ist der AG nur verpflichtet, wenn sie unbefristet von einer Großbank oder Sparkasse mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland übernommen wurde. Zusätzlich muss sich die Bank bei der Vertragserfüllungsbürgschaft/Vorauszahlungsbürgschaft verpflichtet haben, auf erstes schriftliches Anfordern zu zahlen. (...)"
Mit Wirkung vom 16.7.1999 wurde der Nachunternehmervertrag zwischen den Parteien einvernehmlich dahin gehend geändert, dass die Fa. E. nunmehr alleinige Auftragnehmerin sein sollte und daher mit allen Rechten und Pflichten in das Vertragsverhältnis eintrat.
Ausweislich eines Schreibens der Beklagten vom 10.8.1999 sollten die Bürgschaften (Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften) von E. und G. auch einzeln gestellt werden können.
Mit Bürgschaftsurkunde vom 26.7.1999 übernahm die R. Versicherung im Auftrag der G. eine selbstschuldnerische Bürgschaft (Vertragserfüllungsbürgschaft) "auf erstes schrift...