Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen 9 O 1672/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 10.05.2019, Az. 9 O 1672/18 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger erwarb am 28.11.2016 von der F.-A. in I. einen gebrauchten PKW VW Tiguan 2.0 TDI mit der FIN... zu einem Kaufpreis in Höhe von 16.900,- Euro. Das Fahrzeug wurde als der Schadstoffklasse 5 zugehörig verkauft. Der Pkw ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, dessen Hersteller die Beklagte ist. Der Motor des Fahrzeugs ist von dem sogenannten Dieselskandal betroffen. Der PKW war mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß im Prüfbetrieb reduzierte. Die Software war so programmiert, dass sie erkennen konnte, wann das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird. Mit Hilfe der Software hielt das Fahrzeug während des Prüftests im Abgasrückführung - Modus 1 die gesetzlich vorgeschriebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte ein. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstandes schaltete der Motor in den Abgasrückführung - Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist und infolge dessen die gesetzlich vorgeschriebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht eingehalten wurden. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand maßgeblich.

Am 22.09.2015 veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG, in der es unter anderem heißt:

"Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran....Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns vorhanden ist... Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. Volkswagen arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen...".

Ebenfalls am 22.09.2015 informierte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hierüber in einer Pressekonferenz. Im Anschluss an die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten wurde über die Dieselthematik und die Abschalteinrichtung umfangreich in Presse, Funk und Fernsehen berichtet. Das Kraftfahrtbundesamt erließ am 15.10.2015 einen bestandskräftigen Bescheid, in dem das Amt von einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausging und der Beklagten aufgab, die Abschalteinrichtung durch Rückruf der betroffenen Fahrzeuge zu beseitigen und die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom 15.10.2015.

Das Software-Update wurde vor Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger durchgeführt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünde ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB wegen des Ausstellens der EG-Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug zu, was die Entscheidung des Klägers, das Fahrzeug zu erwerben, erheblich beeinflusst habe. Sein Anspruch sei weiter aus Deliktsrecht nach §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 263 StGB begründet. Die Beklagte habe über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs getäuscht, dem Vorstand der Beklagten sei der rechtswidrige Einsatz der Software bekannt gewesen. Darüber hinaus sei ein Anspruch aus § 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV gegeben. § 27 Abs. 1 EG-FGV sei ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Ferner hat der Kläger seinen Anspruch auf Schadensersatz auf §§ 826, 31 BGB gestützt. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei sittenwidrig. Er sei von der Beklagten in vorsätzlich sittenwidriger Weise geschädigt worden. Weiter hat er behauptet, er hätte, hätte er die Hintergründe über die unzulässige Abschalteinrichtung gekannt, von dem Kauf Abstand genommen. Er habe ein besonders umweltfreundliches Fahrzeug erwerben wollen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 16.990,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten p.a. aus 16.990,- Euro seit 03.12.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des VW Tiguan 2.0 TDI, FIN... an den Beklagten.

2. Festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots gemäß Ziffer 1. in Verzug befindet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, eine Schädigung ...

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