Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 282 BGB a.F. im Arzthaftungsrecht
Normenkette
BGB § 282 a.F.
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 24.06.2005; Aktenzeichen 8 O 2633/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Erfurt vom 24.6.2005 - Az.: 8 O 2633/01 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen röntgenärztlicher Behandlung.
Wegen des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil; diese Feststellungen sind wie folgt zu ergänzen bzw. zu ändern (vgl. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO):
Das von der Beklagten verwendete Röntgentherapiegerät ist vom Typ Philips RT 255 (nicht: PT 255, vgl. S. 3 des angefochtenen Urteils).
Über die Strahlenbehandlung der Klägerin am 9.11.1998 liegt ein sog. Ereignisprotokoll vor (Anlage 2 zur Klageschrift v. 29.10.2001, Bl. 27 Rs d.A.). Die Auflistung gibt exakt die Daten wieder, wie sie von dem Bediener des Röntgengerätes am Computer eingegeben wurden. Die Software speichert automatisch, ohne dass der Bediener dies gesondert einstellen oder hierauf Einfluss nehmen kann, jede vorgenommene Einstellung nebst Datum und Uhrzeit.
Die Klägerin befand sich ab dem 27.11.1998 (nicht: 11.11.1998, vgl. S. 5 des angefochtenen Urteils) in stationärer Behandlung in der Hautklinik des Klinikums Erfurt.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2001 und einen Schadensersatz i.H.v. 40.327,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 132,60 EUR seit dem 13.11.2001 sowie aus 40.190,84 EUR seit dem 22.4.2005 zu zahlen. Darüber hinaus ist die Beklagte verurteilt worden, ab Mai 2005 der Klägerin eine monatliche Rente i.H.v. 500 EUR zu zahlen. Weiter hat das LG festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Schadensereignis vom 9.11.1998 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 29.6.2005 zugestellte Urteil mit einem bei dem Berufungsgericht am 26.7.2005 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Diese hat sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 29.9.2005 mit einem am 28.9.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung rügt die Beklagte, das LG habe den Sachverhalt, insb. die Funktionsweise des streitgegenständlichen Röntgengerätes, unzureichend aufgeklärt. Entgegen der Auffassung des LG hafte sie nicht aus bloßer Gefährdung, sondern nur bei Verschulden, und eine Haftung entfalle, wenn sie beweise, dass ihr bei einem Funktionsfehler des Gerätes kein Verschulden vorwerfbar sei. Das LG habe die Anforderungen an die Aufklärungspflicht verkannt; über Folgen, die aus Fehlern resultierten, müsse nicht aufgeklärt werden. Die Höhe des Schmerzensgeldes sei übersetzt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Erfurt vom 24.6.2005 - Az.: 8 O 2633/01 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 28.9.2005 (Bd. III Bl. 375 ff. d.A.) und ihre Schriftsätze vom 30.9.2005 (Bd. III Bl. 418 ff. d.A.), vom 26.10.2005 (Bd. III Bl. 423 ff. d.A.) und vom 13.12.2005 (Bd. III Bl. 452 ff. d.A.) sowie auf die Berufungserwiderung der Klägerin vom 5.12.2005 (Bd. III Bl. 438 ff. d.A.) und ihren Schriftsatz vom 31.5.2006 (Bd. III Bl. 466 ff. d.A.).
II. Die Berufung ist zulässig; sie ist statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin kann von der Beklagten weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz verlangen. Sie hat weder einen Anspruch aus einer positiven Vertragsverletzung (pVV) des Behandlungsvertrages noch aus §§ 823, 847 BGB a.F.
Auf den Behandlungsvertrag ist das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, weil dieses Schuldverhältnis vor dem 1.1.2002 entstanden ist (vgl. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB). Für die schadensersatzrechtlichen Vorschriften gilt das BGB in der bis zum 31.7.2002 geltenden Fassung, weil das schädigende Ereignis vor dem 1.8.2002 eingetreten ist (vgl. Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB),
Die Beklagte haftet nicht aus Behandlungsfehler.
Entgegen der Auffassung des LG hat die Beklagte bei der Bestrahlung der Klägerin mit...