Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Schutz des nichtehelichen Vaters durch Ehelichkeitsanfechtungsverfahren. Schutzzweck des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Niemand darf gerichtlich oder außergerichtlich die mit der Geburt eines Kindes zunächst eingetretene eheliche Abstammung des Kindes vom Ehemann der Kindesmutter in Frage stellen und sich auf nichteheliche Abstammung berufen. Dieses Verbot dient dem Kindeswohl und dem Familienfrieden, bezweckt jedoch nicht den Schutz des außerehelichen Vaters.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, §§ 826, 1599; StGB § 263
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Gera vom 10.1.2005, Az. 2 O 290/04, abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist leiblicher Vater des am 21.4.1990 geborenen C.B. Dieser galt als eheliches Kind des Beklagten, da dieser zum Zeitpunkt der Geburt mit der Kindesmutter A.B. verheiratet war.
Der jetzige Beklagte erhob im Jahre 2000 vor dem AG Jena - FamG -, Az. 43 F 694/00, Vaterschaftsanfechtungsklage gegen C.B. In diesem Verfahren ließ er vortragen, dass er am 27.10.2000 von der Kindesmutter erfahren habe, dass er nicht der leibliche Vater sei. Außerdem muss laut dem Urteil vom 16.1.2001 in der mündlichen Verhandlung vor dem AG Jena am 16.1.2001 von dem damaligen Kläger und der Kindesmutter übereinstimmend erklärt worden sein, dass der damalige Kläger nicht der Vater sein könne, da er während der gesetzlichen Empfängniszeit der Kindesmutter nicht beigewohnt habe. Mit Urteil vom 16.1.2001 gab das AG Jena der Vaterschaftsanfechtungsklage des damaligen Klägers statt. Dieses Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Im Verfahren vor dem AG Jena - FamG -, Az. 43 F 189/01, wurde durch Urteil vom 20.8.2002 die Vaterschaft des Klägers festgestellt. Auch dieses Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger gegen den Beklagten sowohl die Zahlung als auch die Feststellung eines Schadensersatzanspruches geltend.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe bereits im Jahre 1989, spätestens aber mit der Geburt des C.B., von seiner fehlenden Vaterschaft erfahren und das AG Jena durch den Vortrag, er habe erst im Oktober 2000 von seiner fehlenden Vaterschaft erfahren, in sittenwidriger Weise getäuscht. Er ist der Ansicht, ihm stehe gegen den Beklagten sowohl ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB als auch gem. § 826 BGB zu.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, 3.070,85 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen sowie festzustellen, dass dieser ihm allen gegenwärtigen und zukünftigen Schaden aus der unrichtigen und wahrheitswidrigen Darstellung des Zeitpunktes zur Kenntnis der fehlenden Vaterschaft zum minderjährigen C.B. im Verfahren des Beklagten gegen den minderjährigen C.B. vor dem AG Jena, Az. 43 F 694/00, zu ersetzen habe.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG Gera hat eine Beweisaufnahme durchgeführt, bei der es die Kindesmutter und den sie im Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten vernehmenden Polizisten als Zeugen vernommen hat. Im Ergebnis hat es der Klage unter dem Gesichtspunkt des Prozessbetruges (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) und der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) stattgegeben, da nach Durchführung der Beweisaufnahme zu seiner Überzeugung feststehe, dass der Beklagte im Verfahren vor dem AG Jena zum Aktenzeichen 43 F 694/00 bewusst falsch zum Zeitpunkt der Kenntnis von seiner fehlenden Vaterschaft vorgetragen habe. Dabei glaubt das LG der Aussage der Kindesmutter vor der Polizei, bei der sie bekundet hatte, der Beklagte wisse schon seit 1989, dass er nicht der Vater sei. Hingegen habe die Kindesmutter bei ihrer Aussage vor Gericht, in der sie ihre vor der Polizei gemachte Aussage "widerrufen" hat, gelogen. Außerdem sei der sie vernehmende Polizist glaubwürdig.
Gegen dieses Urteil, das dem Beklagten am 2.2.2005 zugestellt worden ist, hat er mit Schriftsatz vom 21.2.2005, eingegangen beim OLG Jena an 22.2.2005, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15.3.2005, eingegangen am 17.3.2005, begründet.
Mit der Berufung rügt der Beklagte allein die Beweiswürdigung des LG; er ist der Auffassung, das LG hätte höchstens zu einem non liquet kommen dürfen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Gera vom 10.1.2005, Az. 2 O 290/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Gera vom 10.1.2005 (LG Gera, Urt. v. 10.1.2005 - 2 O 290/04) ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519 und 520 ZPO.
Die Berufung ist auch begründet.
Dem Kläger steht gegen den Bekla...