Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Auch bei einer Teilklage ist eine Vorabentscheidung über den Grund zulässig, wenn der Streitgegenstand quantitativ begrenzt ist. Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils ist aber stets die Zulässigkeit der Klage (Teilklage).

  • 2.

    Im Werklohnprozess ist eine Teilklage über (unselbständige) Rechnungsposten einer Schlussrechnung unzulässig; bei unselbständigen Aktivposten einer saldierten Abrechnung handelt es sich weder um Forderungen, noch um Forderungsteile, die einen Zahlungsanspruch begründen können. Eine Forderung bei einem - wie hier - vorzeitig beendeten VOB/B-Vertrag stellt lediglich der Schlussrechnungssaldo dar, also der Anspruch auf die restliche Vergütung aus dem Vertrag. Besteht dieser in einem Guthaben, kann dann jedoch auch ein (quantitativer) Teil dieser Forderung im Wege der Teilklage geltend gemacht werden.

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Entscheidung vom 20.09.2005; Aktenzeichen 10 O 106/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil des Landgerichts Erfurt vom 20.09.2005, 10 O 106/04, aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I)

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, nach vorzeitiger Beendigung eines Pauschalpreis-Werkvertrages eine Vergütung eines Teils noch nicht erbrachter Leistungen leisten zu müssen, nachdem die Klägerin ihre Rechnung vom 08.10.2003 in der Fassung vom 09.10.2003 (Anlage K 2) übersandt hat.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge wird gemäß § 540 Absatz 1 Satz 1 ZPO auf die tatsächlichen, insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Band III Blatt 496 ff).

Das Landgericht hat unter dem 29.09.2005, 10 O 106/04, im Wege des Grundurteils ausgesprochen, dass die Klage dem Grunde nach berechtigt sei. Die von der Beklagten am 28.08.2003 erklärte außerordentliche Kündigung sei unwirksam. Zwar könne der Auftraggeber, wenn der Auftragnehmer mit der Ausführung der geschuldeten Leistung in Verzug gerate, diesem den Auftrag entziehen. Gemäß § 8 Nummer 3 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Nummer 4 VOB/B setze dies jedoch voraus, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setze und gleichzeitig erkläre, er werde dem Auftragnehmer nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehen. Eine solche Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung sei von der Beklagten jedoch nicht erklärt worden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und rügt, das erlassene Grundurteil sei unzulässig. Die Klage selbst sei unschlüssig, denn die Klägerin mache eine Teilforderung geltend, die aus einem unselbständigen Rechnungsposten der Schlussrechnung bestehe. Darüber hinaus verstoße die Schlussabrechnung der Klägerin gegen den abgeschlossenen Vertrag und die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung zur Abrechnung gekündigter Pauschalverträge entwickelt habe. Auch fehle es an der Prüffähigkeit der Schlussrechnung, was die Beklagte auch innerhalb der vereinbarten Prüfpflicht von 90 Tagen gerügt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Grundurteil vom 29.09.2005 - LG Erfurt 10 O 106/04 - aufzuheben und die gegen die Beklagte gerichtete Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II)

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Grundurteil ist aufzuheben, denn unselbständige Rechnungsposten eines Abrechnungsverhältnisses können nicht Gegenstand eines Grundurteils sein. Derartige Teilklagen sind unzulässig. Die Klägerin macht aber Zahlungsansprüche gegen die Beklagte in Höhe von EUR 451.470,73 im Umfang der Vergütung für die Nacherkundung der festen Phase abzüglich behaupteter ersparter Aufwendungen aus der Schlussrechnung vom 08.10.2003 in der Fassung vom 09.10.2003 geltend. Damit wird ein unselbständiger Rechnungsposten der Schlussrechnung zur Begründung des Anspruchs vorgetragen. Bei unselbständige Aktivpositionen einer saldierten Abrechnung handelt es sich aber weder um Forderungen noch um Forderungsteile, die einen Zahlungsanspruch begründen können. Diese Vorgehensweise ist auch nicht ausnahmsweise zulässig.

Das Grundurteil ist aufzuheben, da die Voraussetzungen für eine Vorabentscheidung über den Grund nicht vorliegen. Denn die Klageforderung wird im Wege einer unzulässigen Teilklage verfolgt.

Auch bei einer Teilklage ist eine Vorabentscheidung über den Grund (§ 304 ZPO) möglich, wenn der Streitgegenstand quantitativ umgrenzt ist. Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils ist aber die Zulässigkeit der Klage (Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 304 Rn. 2). Der geltend gemachten Teilklage fehlt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge