Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliche Stimmrechtsausübung durch Erbengemeinschaft
Normenkette
BGB § 745 Abs. 1 S. 1, § 2038 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Meiningen (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen HK O 59/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Meiningen vom 30.6.2011 (HK O 59/10) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger ist jedoch befugt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 30.000 festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die erstinstanzliche Feststellung, dass die am 27.5.2010 auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten gefassten und von Frau V F festgestellten Beschlüsse nichtig sind.
Im Zeitpunkt der oben genannten Gesellschafterversammlung hielt Frau B 49 % der Geschäftsanteile der Beklagten; aufgrund nachfolgenden Vergleichs vom 27.1.2011 wurden diese auf die N F M GmbH übertragen.
Die restlichen Geschäftsanteile (51 %) hielt zunächst der vor der oben genannten Gesellschafterversammlung verstorbene N F, dem V F sowie H F und der Kläger in ungeteilter Erbengemeinschaft nachfolgten, wobei auf H F ein Anteil von 50 %; die andere Hälfte in gleichen Teilen auf V F (25 %) und den Kläger (25 %) entfällt.
Nach § 7 Nr. 4 Satz 1 der Satzung der Beklagten ist deren Gesellschafterversammlung beschlussfähig, wenn die einfache Mehrheit des Stammkapitals vertreten ist. Ferner können Gesellschafterbeschlüsse "nur binnen vier Wochen seit Beschlussfassung durch Klage beim zuständigen Gericht angefochten werden" (§ 8 Nr. 6 der Satzung). Bezüglich der Erbfolge legt § 13 Nr. 3 der Satzung fest: "Geht der Geschäftsanteil an eine Erbengemeinschaft über, muss sich diese gegenüber der Gesellschaft durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten lassen."
Gegenstand der am 21.7.2010 beim erstinstanzlichen Gericht eingegangenen und am 4.9.2010 zugestellten Klage sind die auf der Gesellschafterversammlung am 27.5.2010 gefassten Beschlüsse, nach Maßgabe eines von Frau V F angefertigten "zusammenfassenden Protokolls" (Bl. 3 - 12). Teilnehmer der Gesellschafterversammlung waren neben dem Kläger Frau V F sowie Frau H F; die Gesellschafterin B wurde durch Rechtsanwalt W vertreten. Ferner nahmen an der Gesellschafterversammlung die Rechtsanwälte Dr ... und L teil. Auf der Gesellschafterversammlung stimmte Rechtsanwalt W für die von ihm gestellten Anträge bzw. gegen die von Frau V F und H F gestellten Anträge, die ihrerseits durchgängig für die von ihnen gestellten Anträge bzw. gegen die von Herrn Rechtsanwalt W gestellten Anträge stimmten. Zu Beginn der Gesellschafterversammlung erklärte Frau H F, dass sie aufgrund eines seitens der Erbengemeinschaft gefassten Mehrheitsbeschlusses zur Vertretung in der Gesellschafterversammlung ermächtigt sei, wegen einer einstweiligen Verfügung des LG Meiningen vom 25.5.2010 aber von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch machen werde. Der Kläger erklärte seinerseits vor jeder Beschlussfassung, dass er einem gemeinsamen Bevollmächtigten für die Erbengemeinschaft nicht zustimme und im Übrigen keinerlei Stimmen in der Gesellschafterversammlung zu dem jeweiligen Beschlussgegenstand abgebe. Hinsichtlich des Verlaufs der Gesellschafterversammlung am 27.5.2010 und die dort jeweils festgestellten Beschlüsse wird Bezug genommen auf das oben genannte Protokoll der Gesellschafterversammlung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten:
Die von Frau V F und Frau H F abgegebenen Stimmen seien unwirksam, da die Erbengemeinschaft ausschließlich durch einen von dieser bestellten gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten werden könne. Da von diesem keine Stimme abgegeben worden sei, habe die Gesellschafterversammlung weder Frau V F zur Versammlungsleiterin gewählt, noch seien die von ihr festgestellten Beschlussergebnisse rechtswirksam. Diese seien vielmehr nichtig, da die von Frau V F und Frau H F jeweils abgegebenen Stimmen unbeachtlich seien.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die in dem (nachfolgend eingeblendeten) mit "zusammenfassendes Protokoll" überschriebenen Schriftstück vom 27.5.2010 als von Frau V F festgestellten Beschlussergebnisse in der Gesellschafterversammlung nicht zustande gekommen sind, hilfsweise, die ausweislich des (nachfolgenden) mit "zusammenfassendes Protokoll" überschriebenen Schriftstücks vom 27.5.2010 in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 27.5.2010 von Frau V F festgestellten Beschlussergebnisse für nichtig, hilfsweise für unwirksam, zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten:
§ 13 Abs. 3 stehe der einheitlichen Stimmabgabe durch die Mitglieder der Erbengemeinschaft nicht entgegen. Jedenfalls sei durch die Stimmabgabe von Frau V F und Frau H F die Satzung durchbro...