Normenkette

ZPO §§ 295, 301, 333

 

Verfahrensgang

AG Jena (Urteil vom 11.11.2002; Aktenzeichen 44 F 622/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Aufhebung des Urteils des AG - FamG - Jena vom 11.11.2002 – 44 F 622/01, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG Jena zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem AG vorbehalten.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt im Wege der Stufenklage Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinnausgleich.

Er hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Auskunft über ihr Endvermögen zu verurteilen, diesen Antrag aber im Termin am 8.8.2002 nicht – mehr – gestellt, sondern beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zugewinnausgleich i.H.v. 51.365,71 EUR zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat ihren am 19.3.2002 – also nach Klageerhebung – anhängig gemachten, vom Gericht dem Kläger nur formlos übermittelten, aber nicht zugestellten Antrag, den Kläger zur Auskunft über sein Endvermögen zu verurteilen, im Termin am 8.8.2002 nicht gestellt, aber auch nicht zurückgenommen.

Der Kläger hat zu dem gegnerischen Antrag keine Prozesserklärung abgegeben.

Das AG hat dann – ohne über den Auskunftsantrag der Beklagten zu entscheiden – der Klage stattgegeben. Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs ging das AG davon aus, dass der Kläger kein Endvermögen hatte.

 

Entscheidungsgründe

I. Anstelle des Tatbestands wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, die wie folgt zu ergänzen sind (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):

Die Klage ging am 21.9.2001 beim AG ein und wurde der Beklagten am 16.11.2001 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 19.3.2002 hat die Beklagte den Antrag gestellt, den Antragsteller zu verurteilen, Auskunft über das Eheendvermögen im Zeitraum des Auszuges vom 3.9.1998 bis 13.9.1999 zur Stichtagsregelung zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 10.6.2002 hat die Beklagte ihren Antrag vom 19.3.2002 dahin abgeändert, dass der Antragsteller zu verurteilen ist, Auskunft über seine Eheendvermögen vom 13.9.1999 zu erteilen.

Beide Schriftsätze sind dem Kläger nur formlos übermittelt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 15.10.2002 hat die Beklagte ihren Auskunftsantrag weder gestellt noch zurückgenommen.

Das FamG hat durch Urt. v. 11.11.2002 die Beklagte – antragsgemäß – verurteilt, an den Kläger einen Zugewinnausgleich i.H.v. 51.365,71 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 27.11.2002 zugestellte Urteil mit einem bei dem Berufungsgericht am 27.12.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Diese hat sie, nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 24.2.2003, mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Wegen der Anträge wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.6.2003 (Bl. 285 f. d.A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 24.2.2003 (Bl. 271 d.A.).

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie ist statthaft und auch i.Ü. in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Die Berufung hat dahin Erfolg, dass das angefochtene Urteil nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das FamG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen ist. Das Urt. v. 11.11.2002 ist ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil.

1. Das angefochtene Urteil ist zwar nicht als Teilurteil bezeichnet, aber als solches zu qualifizieren, da das FamG allein über die Klage und nicht auch über die Widerklage entschieden hat.

Die Widerklage ist am 15.10.2002 erhoben worden. Der als Widerklage zu behandelnde Auskunftsantrag der Beklagten vom 19.3.2002, abgeändert am 10.6.2002, ist zwar entgegen §§ 253, 261 Abs. 2, 271, 496 ZPO dem Kläger und Widerbeklagten nicht zugestellt worden. Bei unterbliebener Zustellung tritt aber Heilung mit Wirkung ex nunc ein, wenn es zu mündlicher Verhandlung kommt und der (Wider-)Beklagte rügelos verhandelt, § 295 ZPO (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 253 Rz. 26a, § 295 Rz. 10).

a) Die erforderliche Rüge stellt eine einseitige prozessuale, ggü. dem Gericht abzugebende Willenserklärung dar, die ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann; eine Annahme der Erklärung durch den Gegner ist nicht erforderlich, so dass ein Verlust des Rügerechts auch dann eintreten kann, wenn der Gegner im Termin nicht erscheint oder nicht verhandelt (Prütting in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 295 Rz. 37; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl. 1997, § 295 Rz. 26). Für die Heilung eines Verfahrensmangels nach § 295 ZPO kommt es allein auf das Verhalten der zur Rüge berechtigten Partei an. Ihr Ausbleiben im Termin oder ihr Nichtverhandeln (§ 333 ZPO) begründet den Verlust des Rügerechts nicht (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl. 1997, § 295 Rz. 26).

Nichtverhandeln i.S.d. § 333 ZPO ist – was hier ausscheidet – völlige Verweigerung der Einlassung zur Sache (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 333 Rz. 2). Der Kläger als zur Rüge berechtigte Partei hat im Termin am 15.10.2002 auch nicht teilweise...

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