Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintritt in bestehende Landpachtverträge nach Umwandlung von Gesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der Umwandlung von Gesellschaften nach dem Umwandlungsgesetz im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) tritt der übernehmende Rechtsträger mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister in bestehende Landpachtverträge des übertragenden Rechtsträgers kraft Gesetzes ein, ohne dass es der Zustimmung des Verpächters bedarf.
2. Ein solcher Vertragseintritt kraft Gesetzes stellt keine zur fristlosen Kündigung berechtigende ungenehmigte Gebrauchsüberlassung an einen Dritten dar (§ 589 Abs. 1 BGB). Dem Verpächter steht jedenfalls dann, wenn bereits der ursprüngliche (befristete) Vertrag mit einer Personen- oder Kapitalgesellschaft abgeschlossen war, auch aus anderen Gründen kein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu.
Normenkette
BGB §§ 553, 589, 594e; UmwG §§ 2, 20
Verfahrensgang
AG Gera (Aktenzeichen XV Lw 27/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagten werden die Urteile des AG – Landwirtschaftsgericht – Gera vom 11.12.2000 (XV Lw 27/00; XV Lw 28/00; XV Lw 29/00) abgeändert.
Die Klagen werden abgewiesen.
2. Der Kläger zu 1) hat die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens XV Lw 27/00, der Kläger zu 2) die des Verfahrens XV Lw 28/00 und die Kläger zu 3) bis 5) haben als Gesamtschuldner die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens XV Lw 29/00 zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 1) 72 %, der Kläger zu 2) 10 % und die Kläger zu 3) bis 5) als Gesamtschuldner 18 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in folgender Höhe abwenden:
– von 2.800 DM der Kläger zu 1);
– von 500 DM der Kläger zu 2);
– von 900 DM die Kläger zu 3) bis 5).
4. Das Urteil beschwert die Kläger mit weniger als 60.000 DM. Der Senat lässt die Revision zu.
Tatbestand
Die Parteien streiten wegen der Herausgabe landwirtschaftlicher Nutzflächen.
Die Kläger – die Kläger zu 3) bis 5) in Erbengemeinschaft – sind Eigentümer der im Tenor der sie betreffenden Urteile des AG vom 11.12.2000 im Einzelnen bezeichneten Grundstücke. Sie bzw. ihre Rechtsvorgänger verpachteten die betreffenden Grundstücke mit ihrem Wortlaut nach identischen Landpachtverträgen für die Dauer vom 1.1.1992 bis 31.12.2003 an die W. Agrar GmbH. Nach § 15 Abs. 1 der Landpachtverträge durfte der Pächter die Nutzung der Pachtsache einem anderen nur mit schriftlicher Erlaubnis des Verpächters überlassen. Das Gleiche sollte gelten, wenn der Pächter die Pachtsache ganz oder teilweise einem landwirtschaftlichen Zusammenschluss zum Zwecke der gemeinsamen Nutzung überlassen will. In § 17 Abs. 2 haben die Vertragspartner dem Verpächter ein Recht zur fristlosen Kündigung eingeräumt, wenn der Pächter trotz schriftlicher Abmahnung und angemessen gesetzter Frist einen vertragswidrigen Verbrauch der Pachtsache, z.B. die unzulässige Unterverpachtung, fortsetzt.
Die W. Agrar GmbH als übertragende Gesellschaft schloss am 30.3.2000 mit der damals noch als F. Agrargesellschaft mbH firmierenden Beklagten als übernehmender Gesellschaft einen Verschmelzungsvertrag. Die Verschmelzung beider Gesellschaften wurde am 29.5.2000 in das Handelsregister eingetragen.
Nach vorheriger Abmahnung kündigten die Kläger mit Schreiben vom 29.6.2000 die Pachtverträge gegenüber der Beklagten fristlos. Hinsichtlich der vom Kläger zu 1) in der Gemarkung B. herausverlangten Grundstücke wurde diese Kündigung mit Schriftsatz vom 9.10.2000 (Bl. 118/119 d.A. Lw U 72/00) im laufenden Verfahren vorsorglich wiederholt.
Die Kläger sind der Ansicht, die Nutzungsübertragung der Grundstücke auf die Beklagte im Rahmen der Verschmelzung stelle eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung i.S.d. § 589 Abs. 1 BGB dar. Die Kläger zu 3) bis 5) haben erstinstanzlich darüber hinaus vorgetragen, der Pachtvertrag sei zwar für eine Erbengemeinschaft abgeschlossen, jedoch nur von den Klägern zu 3) und 4) unterschrieben worden. Der Kläger zu 5) sei indessen ebenfalls Mitglied der Erbengemeinschaft gewesen, so dass mangels seiner Unterschrift der Vertrag unwirksam sei.
Die Beklagte meint, wegen des Vertragsübergangs kraft Gesetzes liege ein Fall des § 589 Abs. 1 BGB nicht vor.
Sie trägt im Übrigen vor, zwischen der W. Agrar GmbH und ihren Verpächtern sei mündlich vereinbart gewesen, dass zur optimierten Bewirtschaftung Pflugtauschvereinbarungen hätten abgeschlossen werden dürfen, ohne dass es der Erlaubnis der Verpächter im Einzelfall bedurft hätte. Schließlich habe die W. Agrar GmbH die beabsichtigte Verschmelzung allen Verpächtern mit Schreiben vom 30.3.2000 mitgeteilt, ohne dass die Kläger dem widersprochen hätten. Sie meint, aus diesem Grunde verstießen die Kündigungen jedenfalls gegen Treu und Glauben.
Die Kläger bestreiten sowohl die Erlaubnis zum Pflugtausch als auch den Zugang des Rundschreibens vom 30.3.200...