Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen LG Erfurt)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 16.04.2015, Az. 3 O 396/14, abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Insolvenzschuldner M K sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesem aufgrund anwaltlicher Pflichtverletzungen hinsichtlich des Mandats des Beklagten mit dem Insolvenzschuldner M K im Zusammenhang mit der Beendigung des streitgegenständlichen Franchisevertrages entstanden ist, sofern der Schaden nicht anderweitig ersetzt wird.Im übrigen wird die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.Die weitergehende Berufung des Klägers zu 2 wird zurückgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten in der ersten Instanz haben der ehemalige Kläger zu 1) und der Kläger zu 2) jeweils die Hälfte zu tragen. Der ehemalige Kläger zu 1) und der Kläger zu 2) haben ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 2) zu 65 % und der Beklagte zu 35 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der ehemalige Kläger zu 1) und der Kläger zu 2) dürfen jeweils die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 175.239,58 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger zu 2) macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen des M K Schadensersatzansprüche des Insolvenzschuldners wegen einer Pflichtverletzung aus einem Anwaltsvertrag geltend.

Der Insolvenzschuldner und der ehemalige Kläger zu 1) schlossen am 28.08.2007 einen Franchisevertrag (Anlage K3, Bl. 26-51 d.A.). Vereinbart waren zwei feste Vertragslaufzeiten von jeweils 5 Jahren mit jeweiliger Verlängerungsoption. In der Präambel des Vertrages wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Aufbau des Franchisesystems erst Anfang 2007 begonnen habe und sich die eigentliche Startphase sicherlich noch bis Ende 2007 hinziehen werde. Der Insolvenzschuldner unterzeichnete zudem mit dem Vertragsschluss die Anlage 8 zum Franchisevertrag. Darin war ausgeführt, dass aussagekräftige Durchschnittswerte betreffend den Jahresumsatz, die Kosten und die Ertragserwartung noch nicht vorhanden seien und es im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bundesweit nur zwei - namentlich benannte - Franchisenehmer gäbe. Auf einer dem Insolvenzschuldner übergebenen Ertragsrechnung (Anl. K5, Anlagenband) war der Vermerk enthalten, dass sie nur zur Orientierung dient und in der Praxis das Ergebnis stark von der Berechnung abweichen kann (Anl. K5, Anlagenband).

Anfang 2009 mandatierte der Insolvenzschuldner den Beklagten mit der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen den hiesigen ehemaligen Kläger zu 1). Mit Schreiben vom 05.03.2009 (Anlage K4, Bl. 52/53 d.A.) forderte der Beklagte im Namen des Insolvenzschuldners von dem ehemaligen Kläger zu 1) die Rückgängigmachung des Franchisevertrags und verlangte die Rückzahlung erbrachter Franchisegebühren. Der Wortlaut des Schreibens enthielt folgende Erklärung des Beklagten:

"Damit haben sie sich gegenüber unserem Mandanten wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungs pflichten schadensersatzpflichtig gemacht. Der Franchisevertrag, den unser Mandant am 28.08.2007 mit ihnen abgeschlossen hat, ist daher rückgängig zu machen. Rechtsfolge der Rückgängigma chung des Franchisevertrages ist ein gegenseitiges Rückgewährschuldverhältnis".

Der Beklagte erhob im Namen des Insolvenzschuldners vor dem Landgericht Gera (Az. 2 HKO 13/10) gegen den ehemaligen Kläger zu 1) eine Klage auf Rückgängigmachung des Franchisevertrages. Die Ansprüche des Insolvenzschuldners auf Rückgängigmachung des Vertrags stützte der Beklagte auf die Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten und auf eine arglistige Täuschung über die im Rahmen des Franchisevertrages zu erzielenden Erträge.

Das Landgericht Gera wies mit Urteil vom 17.02.2011 (Az. 2 HKO 13/10) die Klage (Anlage B1, Anlagenband) und die in diesem Rechtsstreit erhobene Widerklage des hiesigen ehemaligen Klägers zu 1) ab, mit der dieser die Zahlung von vertraglichen Ansprüchen aus dem Franchisevertrag für die Monate November 2008 bis Mai 2009 und eine verwirkte Vertragsstrafe von 10.000 EUR geltend machte. Auf die Berufung des Insolvenzschuldners wurde das Urteil des Landgerichts Gera vom 17.02.2011 mit Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts vom 08.05.2012 (Az. 5 U 186/11) teilweise abgeändert und neu gefasst. Die Klage wurde abge...

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