Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen 10 O 263/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 31.08.2018, Az. 10 O 263/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Erfurt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld sowie die Feststellung einer weitergehenden Ersatzpflicht für materielle und immaterielle Schäden aufgrund einer ärztlichen Behandlung im Zeitraum vom 09.09.2013 bis 10.02.2014.

Die 1964 geborene Klägerin, die als ungelernte Reinigungskraft in einem Mühlenbetrieb in B. L. tätig war, erlitt dort am 09.09.2013 einen Unfall. Sie war mit dem Fuß an einer Eisenschiene hängen geblieben und gestürzt. Da der Fuß stark angeschwollen war, begab sie sich in die Notfallaufnahme der Klinik der Beklagten zu 1. Dort wurde sie von dem Beklagten zu 2 ambulant behandelt. Ihr wurde das Tragen einer Aircast-Schiene empfohlen.

Am 05.11.2013 wurde ein MRT-Befund erhoben und eine ausgedehnte Teilruptur des Außenbandes sowie ein Gelenkerguss im oberen und unteren Sprunggelenk links festgestellt. Der Klägerin wurde das konsequente Tragen eines Unterschenkelkompressionsstrumpfes und eine Air-Go-Orthese verordnet und diese angelegt.

Am 22.01.2014 wurde - nachdem keine Besserung eingetreten war - in der Klinik der Beklagten zu 3 ein CT-Befund erhoben und eine Subluxation (Ausrenkung) des Talocalcanealgelenkes (oberes Sprunggelenk, OSG) links festgestellt.

Die Klägerin wurde daraufhin am 10.02.2014 in der Klink der Beklagten zu 3 stationär aufgenommen und am 11.02.2014 von dem Beklagten zu 4 operiert. Dieser führte eine Außenbandplastik und eine Fersenbeinosteotomie mit Schrauben-Osteosynthese durch. Am 14.02.2014 wurde die Klägerin aus der Klinik entlassen.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten zu 1 und 2 hätten es behandlungsfehlerhaft unterlassen, zeitnah nach ihrer Vorstellung am 09.09.2013 einen Befund durch ein MRT zur Sicherung der erlittenen Ruptur des Außenbandes und des Gelenkergusses am Sprunggelenk des linken Fußes zu erheben. Hierdurch habe sich die ligamentäre Instabilität des OSG entwickeln können. Nach Erheben des MRT-Befundes vom 05.11.2013 und des Feststellens der Teilruptur des Außenbandes und des Gelenkergusses hätten die Beklagten zu 1 und 2 zeitnah die operative Versorgung durch eine Bandstabilisierung des OSG durchführen müssen.

Die von dem Beklagten zu 4 durchgeführte Operation am 11.02.2014 sei nicht indiziert gewesen, weil bei der Klägerin keine Verschiebung der Ferse vorgelegen habe. Die operative Bandstabilisierung durch eine Außenbandplastik wäre ausreichend gewesen. Bei der Operation sei es behandlungsfehlerhaft zu einer direkten Nervenschädigung des linken Nervus peronaeus gekommen, und zwar zu einer Hypästhesie (herabgesetzte Empfindlichkeit der Berührungs- und Drucksensibilität) im Versorgungsbereich des fibularen Astes des Nervus peronaeus superficialis. Der Nervus peronaeus sei durch eine fehlerhafte Lagerung des linken Beines der Klägerin geschädigt worden. Zudem hätten es die Ärzte der Beklagten zu 3 behandlungsfehlerhaft unterlassen, die Nervenverletzung durch die gebotene Befunderhebung zu sichern. Dadurch sei es zu einem ausgeprägten und dauerhaften Nervenschaden im linken Bein gekommen.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass das ärztliche Handeln behandlungsfehlerfrei gewesen sei. Die Beklagten zu 1 und 2 haben darauf verwiesen, dass der Beklagte zu 2 nur als Durchgangsarzt tätig gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen und streitigen Sachvortrags der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Erfurt gemäß § 540 Abs. 1 S. 1, Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Einholen eines schriftlichen fachorthopädischen Gutachtens nebst Ergänzungsgutachten und Anhörung des Sachverständigen mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen.

Den Beklagten zu 1 und 2 seien keine Behandlungsfehler vorzuwerfen. Der Behandlungsstandard sei anlässlich der Erstbehandlung durch das Anfertigen von Röntgenbildern zum Ausschluss einer Fraktur erfüllt gewesen, das Unterlassen einer MRT-Untersuchung mangels möglicher Konsequenzen nicht fehlerhaft. Die Therapie mittels Air-Cast Schiene und Physiotherapie sei korrekt gewesen. Auch nach Feststellen der Teilruptur des Außenbandes und des Gelenkergusses am 05.11.2013 sei eine zeitnahe operative ...

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