Verfahrensgang
LG Meiningen (Aktenzeichen (70) 3 O 298/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 12.12.2018, Az.: 3 O 298/18, abgeändert: Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger aus der Gewerbehaftpflichtversicherung unter der Versicherungsnummer ... hinsichtlich des am 18.08.2016 eingetretenen Schadensfalls im Landwirtschaftsbetrieb H. K., ... - bei der Beklagten unter der Schadennummer ... erfasst - zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet ist.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils für den Kläger insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm ein Anspruch aus seiner bei der Beklagten bestehenden Gewerbehaftpflichtversicherung zukommt.
I. Der Kläger, der Inhaber einer Fleischerei ist, unterhielt bei der Beklagten eine Gewerbehaftpflichtversicherung mit der Versicherungsnummer ....
In dem Versicherungsschein vom 22.07.2016 (vgl. K 1) waren als "Betriebsart/ Betriebsbeschreibung" die Begriffe "Fleischerei/Metzgerei/Schlachterei" aufgeführt. Das versicherte "Betriebs- und Berufshaftpflichtrisiko" wurde weiter wie folgt definiert: "für die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers aus seinen sich aus der Betriebsbeschreibung ergebenden Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten."
In den Versicherungsbedingungen der Beklagten, den "H. B. A. I. Allgemeine Versicherungsbedingungen (Handel, Handwerk, Dienstleistung, Heilnebenberufe, Freizeit) Stand 01.01.2016" (vgl. Anlage K 2), finden sich in Abschnitt A folgende Regelungen:
"1.1 Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
1.1.1 Versichert ist der im Versicherungsschein angegebene Betrieb mit seinen sich daraus ergebenden Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten.
(...)
1.2. Versichertes Risiko
1.2.1 Der Versicherungsschutz umfasst die gesetzliche Haftpflicht
(1) aus den im Versicherungsschein angegebenen Risiken des Versicherungsnehmers;
(...).
1.8 Risikobegrenzung
1.8.1 Ausgenommen von der Versicherung ist die Haftpflicht
1.8.1.1 aus Tätigkeiten, die weder dem versicherten Betrieb oder dem Beruf eigen noch sonst dem versicherten Risiko zuzurechnen sind;
(...)"
Am 18.08.2016 begab sich der Kläger zu dem Landwirtschaftsbetrieb H. K., ..., um dort einen Rinderbullen zu schlachten. Um das Tier zu betäuben bzw. zu töten, setzte der Kläger statt der mitgebrachten Bolzenschussgeräte eine ebenfalls von ihm mitgeführte und geladene Pistole ein, für die er keine waffenrechtliche Erlaubnis besaß. Nach dem Schuss auf das Tier steckte der Kläger die noch geladene Pistole in die Brusttasche seiner Jacke. Wenig später fiel ihm diese beim Bücken über das betäubte Tier aus der Tasche auf den Boden, wobei sich ein Schuss löste, das Projektil einen Beschäftigten des Landwirtschaftsbetriebs, den Zeugen U. S., traf und diesen schwer verletzte. In dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Meinigen wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil vom 10.07.2017, Az.: 8 Ds. 480 Js 15448/16, wegen des Ausübens der tatsächlichen Gewalt und des Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen der fahrlässigen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Das Landgericht hat die Akten des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Meiningen (Az.: 8 Ds. 480 Js 15448/16) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht (vgl. Protokoll vom 21.11.2018, Bl. 77).
Im Übrigen wird hinsichtlich des in dem Verfahren vor dem Landgericht unterbreiteten Tatsachenvortrags der Parteien auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 12.12.2018 Bezug genommen (vgl. Bl. 80 ff.).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte sich auf die vertragliche Risikobegrenzung in Ziffer 1.8.1.1 ihrer allgemeinen Haftpflichtbestimmungen i.V.m. Ziffer 1.1.1 des Versicherungsscheins berufen könne. Die schadensverursachende Tätigkeit des Klägers gehöre nicht mehr zu dem nach diesen Klauseln versicherten Risiko. Der Kläger habe keine Konzession in Form eines Sachkundenachweises für die Betäubung eines Tiers durch einen Pistolenschuss gehabt. Ferner habe er keine waffenrechtliche Erlaubnis besessen. Das Mitführen und der Einsatz der Pistole seien daher keine Tätigkeiten gewesen, die dem Versicherungsschutz unterfallen würden.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter. Er rügt die fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 12.12.2018, Az.: 3 O 298/18, abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger aus der Gewerbehaftpf...