Leitsatz (amtlich)
Zur Verjährung und Verwirkung von Rückforderungsansprüchen betreffend unter Vorbehalt geleisteter Zahlungen aufgrund einer vom Gläubiger getroffenen unbilligen Leistungsbestimmung (Netznutzungsentgelte).
Normenkette
BGB §§ 195, § 199 ff., §§ 214, 315, 812 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 19.02.2007; Aktenzeichen 3 O 2095/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Erfurt vom 19.2.2007 - 3 O 2095/06, wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der D. D. S. AG Feststellung der Unbilligkeit der der Schuldnerin von der Beklagten in Rechnung gestellten Netznutzungsentgelte sowie Rückerstattung der sich im Vergleich zu den überwiegend unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen ergebenden Überzahlung.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch sei wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar. Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger vertieft seine Auffassung, dass ein Rückforderungsanspruch erst mit einer Bestimmung der Leistung durch das Gericht entstehen könne und erst dann die Verjährungsfrist beginne. Rückforderungsansprüche dürften nicht früher verjähren als die Ansprüche der Netzbetreiber auf das Entgelt, das erst nach gerichtlicher Bestimmung fällig würde. Mangels einschlägiger Rechtsprechung hätte der Rückforderungsanspruch auch nicht früher geltend gemacht werden können. Schließlich kämen als Anspruchsgrundlage auch deliktische Ansprüche wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 4 GWB in Betracht.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils
1. festzustellen, dass die von der Beklagten für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes von der D. D. S. AG verlangten Netzungsentgelte in der Zeit vom 1.1.2002 bis 30.5.2002 unbillig waren und stattdessen das vom Gericht zu ermittelnde billige Netznutzungsentgelt gilt;
2. die Beklagte nach der von dem Gericht vorzunehmenden Leistungsbestimmung zu verurteilen, die ungerechtfertigt erhaltenen Beträge an den Kläger in einer noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen, weil die geltend gemachte Forderung, die der Kläger aus Bereicherungsrecht herleitet (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) verjährt ist (§ 195, 199 BGB), so dass die Beklagte berechtigt ist, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB). Jedenfalls steht der Geltendmachung des Anspruches der Einwand der Verwirkung entgegen. Die Frage, ob ein Anspruch dem Grunde oder der geltend gemachten Höhe nach überhaupt besteht, kann deshalb dahinstehen.
1. Der geltend gemachte Rückforderungsanspruch ist verjährt. Auf die von der Berufung aufgeworfene Frage der Anwendbarkeit von § 197 BGB a.F. kommt es nicht an, da streitgegenständlich allein Zahlungen der Schuldnerin aus dem Jahre 2002 sind. Insoweit gilt für den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch unzweifelhaft das Verjährungsrecht des BGB in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung, also die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB.
Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt auch bei einem Bereicherungsanspruch, der darauf gestützt wird, dass der Gläubiger eine unbillige Leistungsbestimmung getroffen hat (§ 315 BGB), wie bei Bereicherungsansprüchen in ähnlich gelagerten Fällen (vgl. BGH NJW-RR 1989, 1013; OLG München OLGReport München 2003, 326) mit dem Schluss des Jahres, in dem die Zahlungen geleistet wurden (§ 199 Abs. 1 BGB; ebenso mit überzeugender, ausführlicher Begründung auch LG Mainz, Urt. v. 5.3.2007 - 5 O 94/06, m.w.N.).
Zwar hat der BGH entschieden, dass erst mit Rechtskraft des die billige Leistung festsetzenden Urteils die Forderung des Gläubigers fällig wird (BGH NJW 2006, 2472). Dies betrifft jedoch allein die Fälligkeit der Forderung des Gläubigers und besagt nichts über die Fälligkeit eines Rückforderungsanspruches bei angeblicher Unbilligkeit des Geleisteten (so auch der von der Beklagten vorgelegte unveröffentlichte Beschluss des OLG Nürnberg vom 29.3.2007 - 12 U 1656/06).
Eine unbillige Leistungsbestimmung führt in Hinblick auf die Leistung des Schuldners dazu, dass die Leistung von Anfang an unwirksam ist, und zwar insbesondere dann, wenn, wie im vorliegenden Falle, die Leistung unter Vorbehalt erfolgt (so auch LG Mainz, a.a.O.). Die Unverbindlichkeit nach § 315 BGB tritt dabei automatisch ein und muss nicht gesondert geltend gemacht werden (vgl. Staudinger/Rieble, BGB, § 315 Rz. 149). Dass der Gesetzgeber in § 315 B...