Leitsatz (amtlich)
Die Bewerbung einer Tätigkeit im Reisegewerbe mit Angaben, die beim Durchschnittsverbraucher den Eindruck erwecken, es würde befugt ein stehendes Gewerbe ausgeführt, ist irreführend.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1, 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 09.05.2008; Aktenzeichen 2 HKO 219/07) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteils des LG Gera vom 9.5.2008 - 2 HKO 219/07, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu 1/3 vom Kläger, zu 2/3 vom Beklagten zu tragen sind.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Der Beklagte ist Inhaber eines stehenden Gewerbes für (u.a.) "Handel mit Baustoffen", "Einbau von genormten Baufertigteilen und Anleitung dafür" und "Vermittlung von Handwerksdienstleistungen" sowie Inhaber einer Reisegewerbekarte für (u.a.) "Arbeiten auf dem Dach". Er bewarb seine Leistungen an einer Baustelle mit einem Werbeschild, wie es als Anlage K2 der Klage in Kopie beigefügt ist. Wegen des Sachverhalts erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird im Übrigen Bezug auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat der Klage, beschränkt auf die konkrete Verletzungsform, stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er rügt die rechtliche Würdigung durch das LG.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat den auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterlassungsanspruch zu Recht auf §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 3 UWG gestützt. Daran vermögen auch die umfangreichen Angriffe der Berufung nichts zu ändern.
1. Die Sachbefugnis des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG steht außer Frage. Zu Recht hat das LG die Bedeutung der mittelbaren Verbandszugehörigkeit (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 8 UWG Rz. 3.43) herausgestellt, insbesondere die unstreitige Zugehörigkeit der Handwerkskammern zum Kläger.
2. Da das LG § 4 Nr. 11 UWG zur Begründung nicht in Bezug nimmt und ein Tätigkeitsverbot nicht ausgesprochen ist, kommt es auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Regelungen in §§ 1, 7 ff. HandwO bzw. §§ 55 ff. GewO Marktverhaltensregeln darstellen, nicht entscheidend an. Die Entscheidung des BGH (NJW 2002, 2645 - Elektroarbeiten) hat für den vom Senat zu entscheidenden Fall deshalb keine Bedeutung. Grundsätzlich ist die Werbung des Beklagten als Wettbewerbshandlung nach §§ 5 Abs. 1, Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu beurteilen (vgl. MüKo-UWG/Veil § 2 Rz. 59 f.; OLG Nürnberg GRUR-RR 2007, 45).
3. Die Werbeangaben des Beklagten sind, so wie sie sich auf dem konkret beanstandeten Werbeschild finden, zur Irreführung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG geeignet. Der Beklagte wirbt zum einen ganz allgemein mit dem Begriff "Dacheindeckungen", zum anderen in demselben Zusammenhang mit Angaben zu seiner Anschrift sowie zu seinem Telefon- und Emailanschluss. Damit überschreitet er die Grenzen der für ein Reisegewerbe zulässigen Werbung und wirbt gleichzeitig für die Ausführung von wesentlichen Tätigkeiten in einem stehenden Gewerbe, zu denen er nicht befugt ist. In beiden Fällen steht eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise auch für den Senat fest.
a) Der Beklagte ist im Besitz einer Reisegewerbekarte für das "Anbieten von bzw. das Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen für Arbeiten auf dem Dach".
aa) Der Senat hält es schon für zweifelhaft, ob von dieser wenig konkret gefassten Reisegewerbeerlaubnis ("Arbeiten auf dem Dach") die Durchführung von (sämtlichen) wesentlichen Tätigkeiten des sog. A-Handwerks des Dachdeckers, gedeckt ist, hier also die Ausführung von Dacheindeckungen in seiner ganzen Bandbreite. Zu Recht spricht Hüpers (GewArch 2004, 230, 233; anders wohl OVG NW GewArch 2004, 32) nämlich von einem Systembruch, wenn wesentliche Tätigkeiten eines A-Handwerks im Reisegewerbe ausgeübt werden. Die hierzu ergangenen Entscheidungen des BVerfG (GewArch 2000, 480; GewArch 2007, 294) sind nach Auffassung des Senats insoweit unklar und vermögen eine eindeutige Aussage, dass wesentliche Tätigkeiten eines A-Handwerks ohne Berücksichtigung der konkreten Art der Tätigkeit stets im Reisegewerbe ausgeführt werden dürfen, jedenfalls dann nicht zu stützen, wenn es sich um solche wesentlichen Tätigkeiten handelt, die der Reformgesetzgeber der Handwerksordnung im Interesse der Sicherheit der betroffenen Verkehrskreise den zugelassenen Handwerkern vorbehalten hat.
bb) Letztlich kommt es auf diese Frage aber nicht entscheidend an, weil im vorliegenden Falle allein die Bewerbung der Reisegewerbetätigkeit des Beklagten zu beurteilen ist. Reisegewerbe bedeutet jedenfalls, dass de...