Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Enteignungsentschädigung von Grundstücken mit sog. "bergfreien" Bodenschätzen

 

Leitsatz (amtlich)

I. Nach § 8 Abs. 2 Thür EG wird eine Entschädigung grundsätzlich gewährt für den durch die Enteignung eingetretenen Rechtsverlust (Nr. 1) und für andere durch die Enteignung eingetretenen Vermögensnachteile (Nr. 2).

II. Besteht die Besonderheit, dass sich unter der Oberfläche der von der Enteignung betroffenen Grundstücke Kalkstein befindet, ist dies dann nicht werterhöhend zu berücksichtigen, wenn dieser - nach der hier noch maßgeblichen Rechtslage - zu den sog. "bergfreien" Bodenschätzen gehört; bergfreie Bodenschätze bleiben (nach der Rechtsprechung des Senats) bei der Wertermittlung entzogener Bodenflächen außer Betracht.

III. Beruft sich der Enteignete auf sein (verliehenes) Bergrecht, gilt nichts anderes.

Die Trassenführung der Autobahn über das Bergwerksfeld stellt schon keine entschädigungspflichtige Enteignung des Bergwerkseigentums dar. Denn das Gewinnungsrecht ist im Bereich der Autobahntrasse lediglich in tatsächlicher Hinsicht in der Weise eingeschränkt, dass es dort nicht mehr nutzbar ist. Die lediglich faktische Beeinträchtigung des Gewinnungsrechts ist aber nach der Vorrangregelung des § 124 Abs. 3 BBergG (entschädigungslos) hinzunehmen.

 

Normenkette

ThürEG § 8 Abs. 1; BBergG § 124 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Urteil vom 18.02.2009; Aktenzeichen BLKO 7/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beteiligten zu 1) gegen das Urteil des LG Meiningen vom 18.2.2009 - BLK O 7/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließ-lich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) zu tragen.

Das Urteil ist für die Beteiligte zu 2) hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte zu 1) darf die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % der jeweils festzu-setzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beteiligte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Berufungsstreitwert beträgt 3.471.540,20 EUR.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) wendet sich gegen die Herabsetzung der ihr durch den Beteiligten zu 3) im Enteignungsbeschluss vom 26.3.2008 gewährten Enteignungsentschädigung durch das angefochtene Urteil und begehrt darüber hinaus - wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren - eine höhere als die im Enteignungsbeschluss festgesetzte Enteignungsentschädigung.

Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in der Gemarkung Crock, die im Zuge der Straßenbaumaßnahme "Neubau der Bundesautobahn (BAB) A 73 Suhl-Lichtenfels, Teilabschnitt südlich Anschlussstelle (AS) Schleusingen bis nördlich AS Eisfeld-Nord, VKE 5213 Bau-km 0+000 - 11+635,36" teils dauerhaft, teils vorübergehend in Anspruch genommen werden. Wegen der näheren Bezeichnung der betroffenen Grundstücke wird auf den Enteignungsbeschluss des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 26.3.2008 verwiesen. Die Beteiligte zu 1) betrieb dort auf der Grundlage einer Bewilligung des damaligen Thüringer Oberbergamtes vom 22.3.1994 einen von ihr am 1.7.1994 erworbenen Kalksteintagebau, der bereits vor der Wiedervereinigung bestanden hatte. Das damalige Bergamt Bad Salzungen ließ mit Bescheid vom 7.11.2000 den Hauptbetriebsplan mit Rücksicht auf das Straßenbauvorhaben nur noch teilweise zu; über einen dagegen von der Beteiligten zu 1) erhobenen Widerspruch ist - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden worden. Der der Beteiligten zu 1) noch bewilligte Teilabbau war am 30.11.2001 abgeschlossen; im Bewilligungsfeld verblieben etwa 67 % des insgesamt abbaufähigen Gesteins. Die Beteiligte zu 1) begann im März 2002 am etwa 3 km entfernten neuen Standort "Crocker Berg" mit Aufschlusssprengungen. Sie betreibt dort seitdem auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Thüringer Landesverwaltungsamtes einen Kalksteintagebau.

Die Beteiligte zu 2) ist Vorhabenträgerin der genannten Straßenbaumaßnahme; Grundlage dieser Maßnahme ist der Planfeststellungsbeschluss des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 26.5.2003. Eine gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem BVerwG erhobene Klage nahm die Beteiligte zu 1) zurück, nachdem die Planfeststellungsbehörde mit Bescheid vom 2.2.2004 eine "klarstellende Änderung" des Planfeststellungsbeschlusses folgenden Inhalts verfügt hatte: "Für die Inanspruchnahme besteht Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach. Über die Höhe und den Umfang der Entschädigung wird nicht im Planfeststellungsverfahren entschieden".

In dem auf Antrag der Beteiligten zu 2) vom 29.3.2005 eingeleiteten Verfahren auf vorzeitige Besitzeinweisung einigten sich die Beteiligten zu 1) und 2) am 12.5.2005 über eine Bauerlaubnisvereinbarung, aufgrund derer die vorhabenbedingte Inanspruchnahme ab dem 17.5.2005 erfolgte. Nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) sich nicht über die Höhe der zu gewährenden Entschädigung hatten einigen können, erließ das Thüringer Landesver...

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