Normenkette
BGB § 1600d; EGBGB Art. 234 § 7; EGFGB/DDR § 8 Abs. 2; FGB/DDR § 56 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Weimar (Urteil vom 14.11.2002; Aktenzeichen 12 F 284/01) |
Tenor
Das Urteil des AG – FamG – Weimar vom 14.11.2002, Az.: 12 F 284/01, wird aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das AG – FamG – Weimar zurückverwiesen.
Gründe
I. Die am 4.1.1956 geborene Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte ihr Vater ist.
Der Senat nimmt gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des AG – FamG – Weimar vom 14.11.2002 Bezug.
Mit diesem Urteil hat das AG die Klage als unzulässig abgewiesen, da ihr das rechtskräftige Urteil des Kreisgerichts Weimar-Land vom 31.3.1957 entgegenstehe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt, das Urteil aufzuheben und das Verfahren an das AG Weimar zurückzuverweisen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils vom 21.3.1957 nicht der Klage auf Feststellung der Vaterschaft des Beklagten entgegenstehe, weil im damaligen Verfahren lediglich beantragt worden sei, den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt zu verurteilen. Die Klage sei nur deshalb abgewiesen worden, weil sich nach den damaligen serologischen Untersuchungen weder für den Beklagten noch den Mehrverkehrszeugen, H.G., ein eindeutiger Vaterschaftsausschluss ergeben habe.
Daher sei mit dem Urteil nicht rechtskräftig über die Frage entschieden worden, ob der Beklagte ihr Vater ist, so dass kein rechtskräftiger Titel i.S.d. Art. 234 § 7 Abs. 4 EGBGB vorliege.
Die Klage sei auch im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 EGFGB/DDR nicht ausgeschlossen, da diese Regelung aufgrund der Bestimmungen des Einigungsvertrages gegenstandslos geworden sei.
Der Beklagte vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie wurde ordnungs- und fristgemäß eingelegt sowie begründet.
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg, denn die Klage ist entgegen der Auffassung des AG und des Beklagten nicht unzulässig.
Zwar sind die Ausgangspunkte des AG, dass
– nach dem Recht der DDR (§ 8 Abs. 2 EGFGB) die Feststellung der Vaterschaft eines Mannes nicht verlangt werden konnte, wenn vor dem In-Kraft-Treten des Familiengesetzbuches – am 1.4.1966 (vgl. § 1 EGFGB) – die Unterhaltsklage eines Kindes gegen diesen Mann rechtskräftig abgewiesen worden ist, weil er nicht als Vater des Kindes gelte (OG, Urt. v. 4.9.1969, NJ 1970, 126 f.; Göldner, NJ 1967, 257 ff.).
– nach Art. 234 § 7 Abs. 1 EGBGB Entscheidungen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangen sind und feststellen, dass der Ehemann der Mutter nicht der Vater ist, wer der Vater des Kindes ist oder dass eine Anerkennung der Vaterschaft unwirksam ist, unberührt bleiben,
grundsätzlich zutreffend, jedoch hat sich das AG nicht hinreichend mit den Fragen auseinander gesetzt, welche Bedeutung dem Urteil des Kreisgerichts Weimar-Land vom 21.3.1957 beizumessen und ob § 8 Abs. 2 EGFGB/DDR fortgeltendes Recht ist.
Es wird weder vom AG noch von den Parteien in Zweifel gezogen, dass das Urteil des Kreisgerichts Weimar-Land vom 21.3.1957 eine gerichtliche Entscheidung darstellt, die grundsätzlich nach Art. 18 des Einigungsvertrages fortgilt. Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser Entscheidung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen haben die Parteien nicht vorgetragen und sind auch trotz dessen, dass die Akte, C 134/56 KL, nicht mehr aufgefunden werden konnte, für den Senat nicht ersichtlich.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des vorgelegten Urteils bestehen für den Senat keinerlei Zweifel, dass im Verfahren beim damaligen Kreisgericht Weimar-Land lediglich um die Frage des Unterhalts für die Klägerin gestritten worden ist. Die Klage ist allein deshalb abgewiesen worden, weil nach der damaligen Rechtslage (§ 1717 Abs. 1 BGB) nicht festgestellt werden konnte, dass der Beklagte als Vater gilt, weil die Kindesmutter in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt ist und keine Umstände festgestellt worden sind, nach denen es offenbar unmöglich ist, dass die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat.
Mithin ist keiner der beiden Männer als Vater ausgeschlossen oder festgestellt worden, so dass sich die Rechtskraft des damaligen Urteils lediglich auf die Frage der Unterhaltspflicht des Beklagten bezieht.
Die Situation entspricht der bei In-Kraft-Treten des Nichtehelichengesetzes vom 19.8.1969 im Altbundesgebiet. Dazu hat der BGH (FamRZ 1974, 87) entschieden, dass der frühere Grundsatz aufrechterhalten worden ist, wonach ein Statusurteil die Rechtskraft eines Unterhaltsurteils durchbricht.
Somit steht das klageabweisende Urteil von 1957 der Klage auf Feststellung der Vaterschaft des Beklagten nicht entgegen.
Die Klägerin ist auch nicht durch § 8 Abs. 2 EGFGB/DDR an der Klage gehindert, denn diese Vorschrift ist gegenstandlos und kein fortgeltendes Recht (OLG Celle v. 26.4...