Verfahrensgang

LG Mühlhausen (Aktenzeichen 6 O 736/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.10.2020; Aktenzeichen V ZR 273/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 29.12.2017, Az. 6 O 736/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um ein der Klägerin in einem notariellen Grundstückskaufvertrag vom 22.06.2010 zwischen der Beklagten als Käuferin und einer Erbengemeinschaft, der u.a. der Vater der Klägerin angehörte, als Verkäuferin eingeräumtes Ankaufsrecht. Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage im Hauptantrag weitgehend abgewiesen. Auf den Hilfsantrag hat es die Beklagte verurteilt, das in der Form der notariellen Beurkundung noch abzugebende Angebot der Klägerin zur Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks zu näher angegebenen Konditionen anzunehmen und (insoweit Ziff. 3 des Hauptklageantrags) der Klägerin die gezahlte Grunderwerbsteuer zu beziffern und zu belegen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auflassung des streitgegenständlichen Grundstücks aus dem notariellen Vertrag vom 22.06.2010 in Verbindung mit der Erklärung der Klägerin über die Ausübung des Ankaufsrechts vom 08.06.2015 und 15.07.2015. Mit dem notariellen Vertrag vom 22.06.2010 hätten die Parteien keinen Grundstückskaufvertrag geschlossen, aus dem die Klägerin die Auflassung des Grundstücks von der Beklagten verlangen könne. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass die Vereinbarung eines bedingten Anspruchs auf Auflassung des Grundstücks habe begründet werde sollen und sie daher mit Ausübung des Ankaufsrechts mit Schreiben vom 08.06.2015 und 15.07.2015 einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums auf sich habe. Zwar sei eine solche Vereinbarung rechtlich möglich. Insbesondere sei eine Auslegung als Wiederkaufsrecht gemäß § 456 BGB möglich, mithin als aufschiebend bedingter Kaufvertrag. Ein Vertragsabschluss unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Berechtigte durch spätere Ausübungserklärung von seinem Recht Gebrauch macht, sei unbedenklich zulässig. Bei einem bedingten Kaufvertrag könne die Ausübung des Ankaufsrechts formlos erklärt werden. Denn ein solcher Vertrag könne auch als echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 Abs. 1 BGB geschlossen werden, mit der Folge, dass der Dritte einen unmittelbaren Anspruch auf Eigentumsübertragung habe.

Dass ein solcher zugunsten der Klägerin bedingter Kaufvertrag von den Parteien des Vertrags gewollt gewesen sei, stehe jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Zwar spreche die Formulierung, dass das Ankaufsrecht schriftlich bis 30.12.2015 ausgeübt werden könne und die Tatsache, dass in der streitgegenständlichen Klausel bereits detaillierte Regelungen bezüglich des Kaufvertrages enthalten seien, eher für den Willen der Parteien, einen bedingten Kaufvertrag zugunsten der Klägerin schließen zu wollen. Diese Auslegung werde aber durch die Zeugenaussagen nicht gestützt. Die Zeugen H ...-M ... W ... und F ... W ... verfügten über keine juristische Vorbildung. Aus der Vorstellung beider Zeugen, dass wohl ein weiterer Notartermin der Klägerin nach Erklärung des Ankaufsrechts erforderlich sein würde, könne weder geschlossen werden, das sie davon ausgingen, dass bei diesem Termin ein Kaufvertrag über ein Grundstück geschlossen werden solle, noch dass im Termin nur noch die Auflassung erfolgen müsse. Klare Hinweise auf den Willen der damaligen Verkäufer bei Abschluss des Vertrags vom 22.06.2010 und die Regelung in Ziffer 12 des Vertrags würden sich aus beiden Aussagen nicht ergeben. Aus der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn E ..., bei seiner persönlichen Anhörung hätten sich dagegen Hinweise darauf ergeben, dass die Beklagte als Käuferin davon ausgegangen sei, dass noch kein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Er habe erklärt, dass er das Ankaufsrecht so verstanden habe, dass noch ein Termin beim Notar gemacht werden müsse. Er sei davon ausgegangen, dass noch ein weiterer Vertrag geschlossen werden solle, zumal die Klägerin bei dem Termin auch nicht dabei gewesen sei.

Der Zeuge G ..., der den Vertrag vom 22.06.2010 beurkundet habe, habe ausgesagt, dass das dort geregelte Ankaufsrecht nur in dem Sinne verstanden werden könne, dass die Klägerin bei Erklärung des Ankaufs ein Recht darauf habe, dass ihr das Grundstück verkauft werde. Der dann zu schließende Kaufvertrag müsse die entsprechenden Regelungen unter anderem zum Besitzübergang etc. enthalten. In der Klausel sei weder ein Vertrag zugunsten Dritter noch ein Vertragsangebot zu sehen. Wenngleich sich der Zeuge nicht mehr an den konkreten Termi...

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