rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

anerkannter Kriegsdienstverweigerer. Unterhaltssicherung. Mietbeihilfe. Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Wohnraum. Recht des Zivildienstes. Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass ein Zivildienstleistender vom Wohnen in der dienstlichen Unterkunft befreit ist, steht der Gewährung von Mietbeihilfe nach dem Unterhaltssicherungsgesetz nicht entgegen.

 

Orientierungssatz

Anspruch des anerkannten Kriegsdienstverweigerers auf Mietbeihilfe nach dem Unterhaltssicherungsgesetz

 

Normenkette

ZDG § 78 Abs. 1 Nr. 2; USG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1g, § 7a

 

Verfahrensgang

VG Weimar (Urteil vom 02.11.2000; Aktenzeichen 7 K 310/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 2. November 2000 – 7 K 310/99.We – abgeändert und der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamtes des Landkreises Eichsfeld vom 29. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 29. Januar 1999 verpflichtet, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 28. August 1998 Mietbeihilfe in Höhe von 3.609,20 EUR gemäß § 7a USG zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit Bescheid vom 9. Juni 1998 berief das Bundesamt für den Zivildienst den Kläger als anerkannten Kriegsdienstverweigerer zur Ableistung des Zivildienstes in der Zeit vom 1. September 1998 bis zum 30. September 1999 ein. Dienststelle war danach ein Altenpflegeheim in D.. Der Bescheid sah ausdrücklich davon ab, anzuordnen, dass der Kläger in einer dienstlichen Unterkunft zu wohnen hat.

Am 28. August 1998 beantragte der ledige Kläger beim Landratsamt Eichsfeld Mietbeihilfe nach dem Unterhaltssicherungsgesetz. Dem Antrag beigefügt war ein am 1. September 1996 unterzeichneter, unbefristeter Einheitsmietvertrag zwischen ihm und seiner Mutter über eine in seinem Elternhaus befindliche 68 m² große Wohnung. Die monatliche Miete für die von ihm allein genutzte Wohnung einschließlich Nebenkosten betrug danach 543,00 DM.

Anlässlich einer Wohnungsbesichtigung am 15. September 1998 stellten die Mitarbeiter des Beklagten in Anwesenheit der Mutter des Klägers fest, dass die Wohnung des Klägers von der der Eltern abgegrenzt war und über einen eigenen Eingang verfügte. Sie wies ein W ohnzimmer, eine Küche, ein Schlafzimmer, ein Bad sowie einen Hobbyraum auf. Die Eltern des Klägers bewohnten die über der Wohnung des Klägers gelegene erste Etage. Wohn- und Schlafzimmer des Klägers waren komplett eingerichtet. Die Küche war mit Schränken, Tisch, Stühlen und Spüle ausgestattet. Die Spüle war allerdings nicht am installierten Wasseranschluss angeschlossen. Die Mutter des Klägers gab bei der Besichtigung an, ihr Sohn verköstige sich und reinige die W ohnung selbst. Sie erläuterte weiter, dass ihr Sohn das Geschirr in einer Schüssel, die bei der Besichtigung in der Spüle stand, abwasche und W asser aus dem angrenzenden Bad hole. Ein eigener Kühlschrank war nicht vorhanden. Die Lebensmittel lagere ihr Sohn – so die Mutter – im Vorratsraum der Eltern. Eine Kochmöglichkeit wurde von den Mitarbeitern des Beklagten nicht wahrgenommen. Es war nur eine Kaffeemaschine sichtbar. Die Mutter des Klägers erklärte hierzu, ihr Sohn esse wochentags im Heim, an den dienstfreien Wochenenden außerhalb oder bei ihr. Frühstück und Abendbrot mache er sich selbst und am Wochenende kaufe er für sich ein. Die im Waschraum der Eltern stehende Waschmaschine gehöre dem Sohn, sie benutze sie aber ebenfalls und wasche manchmal auch die Wäsche des Sohnes.

Bei einer Vorsprache im Landratsamt gab der Kläger auf Befragen an, der Waschraum mit der W aschmaschine befinde sich im Wohngebäude. Ein Durchgang zur elterlichen Wohnung bestehe nicht. Lebensmittel würden von ihm im Kühlschrank im Vorratsraum der Eltern gelagert. Dieser befinde sich in der elterlichen Wohnung. Der Kläger erklärte weiter, er kaufe, was er am Tag brauche. Als Zivildienstleistender werde er auch verpflegt. Ein Kühlschrank sei unnötig. Sein Bad sei komplett ausgestattet und er entnehme zum Spülen des Geschirrs das Wasser aus dem Bad, das nur wenige Schritte entfernt sei. Er wohne schon seit August 1993 in der Wohnung. Der Mietvertrag bestehe erst seit September 1996, weil er seitdem genug verdiene. Am Wochenende esse er bei den Eltern. Die Miete werde bar bezahlt. Hinsichtlich der Steuererklärung verwies der Kläger auf seine Mutter.

Daraufhin forderte der Beklagte die Mutter des Klägers auf, die Steuerbescheide für die Jahre 1996/1997 vorzulegen. Dies geschah erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Aus dem Bescheid für 1998 ergab sich, dass die Eltern Einkünfte aus Vermietung und Verpac...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge