3.1 Arbeitnehmer
Rz. 17
Das Maßregelungsverbot schützt alle Arbeitnehmer, wobei Inhalt und Umfang des Arbeitsverhältnisses keine Rolle spielen; einbezogen sind Arbeiter und Angestellte, leitende Angestellte, Auszubildende (§ 10 Abs. 2 BBiG), auch Volontäre, Umschüler und Praktikanten, sofern ihr Beschäftigungsverhältnis als Arbeitsverhältnis anzusehen ist.
Die Norm gilt aber nicht zugunsten des aufgrund eines freien Dienstvertrags Verpflichteten.
Auf Stellenbewerber findet sie ebenfalls keine Anwendung, denn vom Schutzzweck des § 612a BGB wird nicht der Fall der Rechtsausübung vor Begründung des Arbeitsverhältnisses, welche erst im späteren Arbeitsverhältnis zu Nachteilen führt, erfasst.
Erfasst sind dagegen auch die leitenden Angestellten.
Rz. 18
Nach h. M. in der Literatur ist § 612a BGB auch auf arbeitnehmerähnliche Personen anzuwenden. Das BAG hat demgegenüber entschieden, § 612a BGB sei auf die Beendigungsmitteilung des Auftraggebers gegenüber einer arbeitnehmerähnlichen Person nicht anwendbar.
Der Auffassung des BAG ist zuzustimmen. Die a. A. überschreitet den Wortlaut des § 612a BGB ("Arbeitnehmer"); für eine Analogie ist kein Raum, denn das Fehlen persönlicher Abhängigkeit bei der arbeitnehmerähnlichen Person entschärft wesentlich auch die Gefahr, dass sie maßregelnd behandelt wird. Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet.
3.2 Arbeitgeber
Rz. 19
Das Maßregelungsverbot richtet sich gegen den Arbeitgeber, doch ist der Geltungsbereich nicht auf ihn als Vertragspartner beschränkt; in Betracht kommen ferner diejenigen Dritten, die als Inhaber der betrieblichen Organisationsgewalt – wie z. B. der Entleiher im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung – gegenüber dem Arbeitnehmer die Arbeitgeberfunktion ausüben und damit in die Arbeitgeberstellung einbezogen werden. So ist z. B. die Kündigung einer zu derartigen personellen Maßnahmen berechtigten Person dem Arbeitgeber zuzurechnen. Dieses Resultat befindet sich in Übereinstimmung mit dem Regelungsgrund des Maßregelungsverbots, das verhindern soll, dass der Arbeitnehmer als Reaktion auf die Ausübung seiner Rechte z. B. eine Kündigung zu befürchten hat.
3.3 Kündigung als Maßnahme
Rz. 20
Das Maßregelungsverbot bezieht sich (nur) auf Benachteiligungen "bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme". Da der Begriff der "Vereinbarung" nach seinem Wortsinn als eine übereinstimmende Willensbekundung zweier Parteien, also als zweiseitiges Rechtsgeschäft, zu verstehen ist, ist die Bedeutung des § 612a BGB für den Kündigungsschutz angesichts des einseitigen Charakters der Kündigungserklärung auf den Begriff der "Maßnahme" beschränkt. Dem Willen des Gesetzgebers folgend ist dieser umfassend zu verstehen und erfasst sämtliches tatsächliches Verhalten in Bezug auf den Arbeitnehmer, das seine Benachteiligung bewirkt. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann auch in einem Unterlassen bestehen. Unter diesen Begriff der Maßnahme ist insbesondere auch die Kündigung durch den Arbeitgeber als einseitiges Rechtsgeschäft zu fassen.
Rz. 21
Auch wenn man unter dem Begriff der "Vereinbarung" formal auch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags verstehen kann, ist § 612a BGB nicht geeignet, Schutz gegen den Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu bieten. Zum einen widerspräche dies dem Grundsatz der Privatautonomie, weil der Arbei...