Rz. 2
Der im Dezember 2004 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien sah im Gegensatz zur jetzigen Gesetzesfassung noch keinen Ausschluss von Kündigungen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes vor. Anders lautete bereits das am 17.6.2005 vom Bundestag verabschiedete, letztlich aber aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl der Diskontinuität zum Opfer gefallene "Gesetz zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien". Angelehnt an die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hieß es nun in § 2 Abs. 4 AGG des ADG-E: "Für Kündigungen gelten vorrangig die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes". Nach der Begründung diente der neu eingeführte Abs. 4 der Klarstellung, dass die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes durch das AGG unberührt bleiben. Zugleich sollte der Praxis hiermit verdeutlicht werden, dass Rechtsstreitigkeiten bei Kündigungen auch in Zukunft vorwiegend nach dem Kündigungsschutzgesetz zu entscheiden sind.
Rz. 3
Im Januar 2006 wurde dieser Entwurf in überarbeiteter Form erneut von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag eingebracht. Die Bestimmung des § 2 Abs. 4 AGG wurde unverändert und mit derselben Begründung übernommen. Auch der schließlich von der Bundesregierung im Juni 2006 vorgelegte Entwurf für ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz übernahm zunächst den Wortlaut des § 2 Abs. 4 AGG und führt dieselben Erwägungen als Begründung an. Hieß es in dieser Phase der Gesetzgebung demzufolge noch, dass "vorrangig" die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung finden sollen, lautet nun § 2 Abs. 4 AGG in der Fassung, wie sie zum 1.8.2006 in Kraft getreten ist: "Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes." Die Gesetzesbegründung definiert die Begriffe näher: Hiermit meint der Gesetzgeber entsprechend der Begründung des Gesetzes: "Die wesentlichen Bestimmungen des allgemeinen Kündigungsschutzes finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie im 1. Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes. Bestimmungen zum besonderen Kündigungsschutz enthalten z. B. der 2. Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes, Art. 48 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, § 9 des Mutterschutzgesetzes, §§ 18, 19 des Bundeserziehungsgeldgesetzes, § 2 des Arbeitsplatzschutzgesetzes, § 2 des Eignungsübungsgesetzes, §§ 85 ff., § 96 Abs. 3 des 9. Buches Sozialgesetzbuch, § 47 des Bundespersonalvertretungsgesetzes, § 36 Abs. 3 Satz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes, § 53 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder §§ 21 f. des Wasserhaushaltsgesetzes".
Rz. 4
Diese Änderung des Gesetzeswortlauts greift eine Formulierung des Bundesrates auf, der in seiner Stellungnahme gegenüber dem Bundestag angeregt hatte, in der endgültigen Gesetzesfassung klarzustellen, dass ausschließlich die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes gelten, wenn die Benachteiligung in einer Kündigung liegt. Der Rechtsausschuss nahm in seiner Beschlussempfehlung an den Deutschen Bundestag dieses Anliegen auf und empfahl ebenfalls eine entsprechende Änderung des Wortlautes, um das Verhältnis beider Gesetze zueinander zu präzisieren. Im Falle einer Kündigung sei die ausschließliche Anwendung der kündigungsrechtlichen Bestimmungen aufgrund ihres speziellen Zuschnitts auf Kündigungen sachgerechter.
Die Stellung der Vorschrift im allgemeinen Teil des AGG, nicht im arbeitsrechtlichen Teil, ist systematisch misslungen.