1 Leitsatz
Mietvertragsklauseln, die eine Tierhaltung des Mieters von der Zustimmung des Vermieters abhängig machen, sind nur dann wirksam, wenn die Erteilung der Zustimmung ausschließlich von nachvollziehbaren und überprüfbaren sachlichen Kriterien abhängig gemacht wird. Ist die Klausel dahingehend auslegbar, dass die Entscheidung des Vermieters in dessen freies, d. h. an keine nachprüfbaren Voraussetzungen gebundenes Ermessen gestellt wird, ist die Klausel unwirksam.
2 Normenkette
BGB, §§ 307, 535, 541
3 Das Problem
Ist eine Mietvertragsklausel, die eine Tierhaltung von der Zustimmung des Vermieters abhängig macht, unwirksam, fehlt es an einer vertraglichen Regelung. Dies hat zur Folge, dass es von einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten abhängt, ob die konkrete Tierhaltung vom Mietgebrauch umfasst ist oder nicht.
4 Die Entscheidung
In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall halten die Kläger als Mieter in einer 2-Zimmerwohnung im 1. OG eines Mehrfamilienhauses einen Hund, obwohl die beklagte Vermieterin ihnen die nach § 11 des Mietvertrags vorausgesetzte Zustimmung zur Tierhaltung versagt hat. Die Mieter begehren die Feststellung, dass sie den Hund auch ohne Zustimmung der Vermieterin halten dürfen. Hilfsweise beantragen sie die Zustimmung zur Hundehaltung. Die beklagte Vermieterin begehrt widerklagend Räumung und Herausgabe der Wohnung, hilfsweise die Entfernung des Hundes aus der Wohnung.
Dazu hat das LG Berlin entschieden, dass § 11 des Mietvertrags, wonach die Tierhaltung eine Zustimmung des Vermieters voraussetzt, unwirksam ist, da die Klausel die Zustimmung in das freie Belieben des Vermieters stellt. Dies hat zur Folge, dass für die Frage der Zulässigkeit der Hundehaltung eine umfassende Abwägung der Interessen und Belange der Mietvertragsparteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erforderlich gewesen wäre (so bereits BGH, Urteil v. 20.3.2013, VIII 18 ZR 168/12). Auf Anfrage der Mieter an die Hausverwaltung der Vermieterin wurde ihnen jedoch lediglich mitgeteilt, dass eine Hundehaltung "in all unseren Objekten nicht gewünscht" sei, weil diese erfahrungsgemäß "immer wieder zu Problemen" führt. Damit hat die Hausverwaltung ihrer Ablehnung erkennbar keine sachlichen Prüfungskriterien in Form einer auf den Einzelfall konkretisierten Störungsprognose zugrunde gelegt, sondern jegliche Hundehaltung als grundsätzlich "nicht erwünscht" abgelehnt.
Den im Prozess von der Vermieterin vorgetragenen Risiken der Hunderasse eines besonders ausgeprägten Bewegungsdrangs, eines starken Beschützerinstinkts und eines schwach ausgeprägten Talents, unbeaufsichtigt in der Wohnung zurückzubleiben, hatten die Mieter u. a. entgegengehalten, dass beide im Schichtdienst tätig seien, sich daher abwechselnd um die Betreuung des Tieres kümmern können und werden. Außerdem trugen sie vor, dass sie über langjährige Erfahrung mit der Betreuung und Erziehung von Hunden verfügen und außerdem auf zusätzliche Unterstützung von Nachbarn zurückgreifen können. Diese besonderen Umstände hat die Vermieterin nach Auffassung des Gerichts als nicht ausreichend gewürdigt und deswegen die aus der Rassezugehörigkeit fließenden Risiken als von vornherein unbeherrschbar eingeschätzt. Ferner hat sie nur unzureichend berücksichtigt, dass die Kläger für Abhilfe sorgen und die Hundehaltung in der Wohnung notfalls werden beenden müssen, wenn sich die aufgezeigten Risiken realisieren und es durch den Hund zu Störungen der anderen Hausbewohner oder sonstigen Beeinträchtigungen kommt. Die Klage der Vermieterin u. a. auf Entfernung des Hundes aus der Wohnung wurde daher abgewiesen.
5 Entscheidung
LG Berlin, Urteil v. 7./19.12.2022, 64 S 151/22, ZMR 2024, 481