Rz. 5
Welche Stimmenmehrheit erforderlich ist, um einen Beschluss zu fassen, ist unterschiedlich geregelt. Sofern im Gesetz nichts Abweichendes geregelt ist, genügt nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder, einschließlich der Ersatzmitglieder des Betriebsrats (einfache Mehrheit). Mitglieder, die anwesend sind, aber erklärt haben, nicht an der Abstimmung teilzunehmen, sind im Sinne dieser Vorschrift nicht anwesend.
Rz. 6
Eine einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder eines beschlussfähigen Betriebsrats reicht für einen wirksamen Beschluss dann nicht aus, wenn die Mehrheit der Stimmen der Betriebsratsmitglieder (absolute Mehrheit) gefordert ist.
Die absolute Mehrheit ist erforderlich:
Rz. 7
Voraussetzung für die Beschlussfassung ist weiter, dass die Mehrheit für die Annahme eines Antrages ist. Daraus folgt, dass sich Enthaltungen wie Nein–Stimmen auswirken, denn wer sich der Stimme enthält, ist nicht für den Beschluss. Eine Enthaltung bei der Beschlussfassung des Betriebsrats gibt es daher nicht; die einzige Möglichkeit, sich "neutral" zu verhalten, ist, an der Abstimmung ausdrücklich nicht teilzunehmen; das widerspricht jedoch den Pflichten eines Betriebsratsmitglieds und kann zudem zur Beschlussunfähigkeit führen.
Beispiele:
- Bei der Abstimmung über eine Betriebsvereinbarung zum Thema Rauchverbot im Betrieb nehmen von neun eingeladenen Betriebsräten acht an der Sitzung teil; ein Betriebsrat fehlt ohne Angabe von Gründen. Die Abstimmung endet 4 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen, eine Enthaltung. Der Abschluss der Betriebsvereinbarung ist nicht beschlossen, da nicht die Mehrheit der Stimmen der Anwesenden für den Abschluss war – dazu wären 5 Stimmen erforderlich gewesen.
- Ein Betriebsrat mit 15 Mitgliedern, von denen 13 an der Sitzung teilnehmen, beschließt mit 7 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen eine neue Geschäftsordnung. Der Beschluss ist nicht wirksam gefasst, denn nach § 36 BetrVG ist für die Beschlussfassung über eine Geschäftsordnung die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats erforderlich; die ist hier verfehlt, denn es liegen nur 7 (statt mindestens 8) Ja-Stimmen vor.
Rz. 8
Nehmen Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung an der Beschlussfassung mit Stimmrecht gemäß § 67 Abs. 2 BetrVG teil (siehe § 29 Rz. 14 ff.), werden ihre Stimmen nach § 33 Abs. 3 BetrVG mitgezählt.
Der Betriebsrat hat 19 Mitglieder. Die JAV besteht aus 3 Vertretern. Bei der Sitzung fehlt ein Betriebsratsmitglied ohne Angabe einer Entschuldigung. Es soll eine Betriebsvereinbarung zum Thema "Betriebliche Umsetzung der Ausbildungspläne für die Auszubildenden" beschlossen werden. Dafür ist nach § 33 Abs. 1 BetrVG die Mehrheit der Anwesenden erforderlich. Diese Mehrheit ist erreicht, wenn elf Ja-Stimmen abgegeben werden. Sie ist verfehlt, wenn zehn Betriebsräte dafür stimmen, acht Betriebsräte dagegen und sich die 3 Vertreter der JAV der Stimme enthalten.
Rz. 9
Die Regelungen des § 33 Abs. 1 BetrVG gelten entsprechend für die Beschlussfassung in Ausschüssen des Betriebsrats; allerdings ist es dem Betriebsrat hier möglich, im Rahmen der Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung auf Ausschüsse nach § 27 BetrVG oder auch auf Arbeitsgruppen nach § 28a BetrVG anzuordnen, dass eine qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit erreicht sein muss, andernfalls der Betriebsrat die Entscheidung wieder an sich zieht.
Rz. 10
Einzelheiten der Beschlussfassung, insbesondere das Verfahren, sind vom Gesetz nicht geregelt. Insbesondere ist keine Form der Abstimmung oder der Beschlussfassung geregelt, sodass sie grundsätzlich offen erfolgt. Die Form der Abstimmung, z. B. die Voraussetzungen einer geheimen Abstimmung, kann der Betriebsrat in seiner Geschäftsordnung regeln. Bestehen derartige Regelung, ist auch ihre Beachtung für die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses erforderlich.
In einigen Vorschriften ist jedoch die Schriftform des Beschlusses verlangt, nämlich bei der Übertragung von Aufgaben auf Ausschüsse oder Arbeitsgruppen (§ 27 Abs. 2 BetrVG, § 28 Abs. 1 BetrVG, § 28a BetrVG).
Der Schriftform wird bereits dadurch genügt, dass der Beschluss in die Sitzungsniederschrift aufgenommen und vom Vorsitzenden unterzeichnet wird.