5.4.4.1 Allgemeines
Rz. 98
Auch im vereinfachten Verfahren wird die JAV – ebenso wie im regulären Verfahren – aufgrund von Wahlvorschlägen gewählt (§§ 40, 36 Abs. 5, 33 Abs. 1 Satz 1 WOBetrVG 2001). § 36 Abs. 5 WOBetrVG 2001 verweist weithin auf die Regeln für das reguläre Wahlverfahren und legt nur die Besonderheiten des vereinfachten Wahlverfahrens fest. Nachfolgend werden daher auch nur die für das vereinfachte Wahlverfahren geltenden besonderen Regelungen genannt.
5.4.4.2 Besonderheiten im vereinfachten Wahlverfahren
5.4.4.2.1 Kandidatur auf mehreren Vorschlägen
Rz. 99
Anders als im regulären Wahlverfahren (vgl. oben Rz. 59) ist im vereinfachten Wahlverfahren eine Mehrfachkandidatur zulässig, denn §§ 40, 36 Abs. 5 Satz 2 WO BetrVG 2001 verweisen nicht auf die entsprechende Verbotsnorm des § 6 Abs. 7 WOBetrVG 2001. Es hat daher keinerlei Auswirkungen auf die Gültigkeit der Wahlvorschläge, wenn ein Kandidat auf mehreren Wahlvorschlägen genannt wird. Im vereinfachten Wahlverfahren werden die Kandidaten auf dem Stimmzettel einzeln aufgeführt (§§ 40, 36 Abs. 4, 34 Abs. 1 WOBetrVG 2001). Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl.
5.4.4.2.2 Einreichung der Wahlvorschläge und Prüfung
Rz. 100
Für das vereinfachte Wahlverfahren enthält die Wahlordnung eine andere, kürzere Einreichungsfrist als für das reguläre Verfahren. Während im regulären Verfahren die Wahlvorschläge vor Ablauf von 2 Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen sind, reicht es im vereinfachten Verfahren aus, wenn die Wahlvorschläge beim Wahlvorstand bis 1 Woche vor der Wahlversammlung zur Wahl der JAV eingereicht werden (vgl. § 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG, §§ 40, 36 Abs. 1 Satz 1 WO BetrVG 2001). Ebenso wie im regulären Wahlverfahren hat der Wahlvorstand auch im vereinfachten Verfahren dem Überbringer bzw. dem Listenvertreter den Eingang des Wahlvorschlages schriftlich zu bestätigen. Es schließt sich die unverzügliche Überprüfung des Wahlvorschlages durch den Wahlvorstand an. Werden Mängel festgestellt, sind diese unverzüglich mitzuteilen. Insoweit gilt nichts anderes als im regulären Wahlverfahren.
5.4.4.2.3 Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe
Rz. 101
Im vereinfachten Wahlverfahren findet zwingend – anders als im regulären Wahlverfahren – nur eine Wahlversammlung statt. Es kann daher sein, dass einzelne wahlberechtigte Arbeitnehmer an der Teilnahme an dieser Wahlversammlung verhindert sind. Um zu gewährleisten, dass auch sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können, hat der Gesetzgeber für das vereinfachte Wahlverfahren eine Regelung geschaffen, wonach Arbeitnehmer, die an der Wahlversammlung nicht teilnehmen können, beim Wahlvorstand beantragen können, ihre Stimme nicht in der Wahlversammlung, sondern nachträglich schriftlich abzugeben. Dieser Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe muss bis spätestens 3 Tage vor der Wahlversammlung zur Wahl der JAV beim Wahlvorstand gestellt werden (§§ 40, 36 Abs. 4, 35 Abs. 1 Satz 1 WO BetrVG 2001). Einer besonderen Form bedarf dieser Antrag nicht, allerdings ist Schriftlichkeit aus Beweisgründen empfehlenswert. In dem Antrag muss der Wahlberechtigte den Grund für seine Abwesenheit bei der Wahlversammlung nennen. Nicht ausreichend ist die bloße Behauptung, der Arbeitnehmer werde bei der Wahlversammlung voraussichtlich abwesend sein.
Rz. 102
Wird nachträgliche schriftliche Stimmabgabe erforderlich, hat der Wahlvorstand dem Wahlberechtigten folgende Unterlagen auszuhändigen oder zuzusenden:
- Das Wahlausschreiben einschließlich des bekannt gemachten Termins für die öffentliche Stimmauszählung als Frist für die nachträgliche Stimmabgabe,
- die Vorschlagslisten,
- den Stimmzettel und den Wahlumschlag, der bei schriftlicher Stimmabgabe nach wie vor erforderlich ist,
- eine vorgedruckte, vom Wähler abzugebende Erklärung, in der dieser gegenüber dem Wahlvorstand versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat,
- einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk "Schriftliche Stimmabgabe" trägt.
Der Wahlvorstand soll dem Wähler darüber hinaus ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe aushändigen oder übersenden. Die Übersendung oder Aushändigung der Unterlagen hat der Wahlvorstand auf der Wählerliste zu vermerken (§§ 40, 36 Abs. 4, 35 Abs. 1 Satz 3 WO BetrVG 2001).
Schließlich hat der Wahlvorstand eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer die Wahlunterlagen an den Wahlvorstand zurückgesandt werden müssen. Bei der Festlegung dieser Frist hat er Rücksicht zu nehmen auf die Umstände, die die nachträgliche Stimmabgabe erforderlich machen. Der Wahlvorstand hat die sich unmittelbar an die Rücksendung der Wahlunterlagen anschließende öffentliche Stimmenauszählung im Betrieb in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen (Ort, Tag, Zeit, §§ 40, 36 Abs. 4, 35 Abs. 2 WO BetrVG 2001).